Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

V. Beschränkung durch GewO. $ 134 Abs. 2. 461 
ein solcher, dem ‚die Widerstandskraft fehlt, durch welche die Aus- 
bedingung der Verwirkung gehindert werden kann!. In der GewO. 
findet sich blofs eine solchem Arbeitnehmer zu Hülfe kommende Be- 
stimmung, und diese hat sachlich und persönlich nur ein geringes 
Anwendungsgebiet. Nach GewO. 8 134 Abs. 2 kann „für den Fall 
der rechtswidrigen Auflösung des Arbeitsverhältni$sses 
durch den Arbeiter“ Verwirkung nur bis zum Betrag des durch- 
schnittlichen Wochenlohnes (S. 351 Nr. 3) ausbedungen 
werden. Selbstverständlich kann die im gesetzlichen Höchstmafs 
ausbedungene Verwirkung im gegebenen Fall nicht weiter. realisiert 
werden, als der rückständige Lohn reicht, da die Ausbedingung 
der Verwirkung, und danach die Verwirkung, nur den rückständigen 
Lohn treffen kann. Ist aufser der Verwirkung auch Einbehaltung 
vereinbart und diese Einbehaltung realisiert worden, so trifft die Ver- 
wirkung in erster Linie den einbehaltenen Lohn, einerlei, zu welchem 
Zweck einbehalten worden ist. Nur soweit der einbehaltene Lohn 
den Betrag des verwirkten nicht erreicht, kann auch sonstiger rück- 
ständiger Lohn zur Verwirkung kommen. 
Die erwähnte gesetzliche Vorschrift bezieht sich nur auf den Fall 
des rechtswidrigen Abbruchs des Arbeitsverhältnisses, nicht auf die 
vielen anderen, möglichen Verwirkungsgründe; für die anderen lälfst 
sie das Mafls der ausbedingbaren Verwirkung frei®. Ferner gilt die 
Vorschrift nur für gewisse Arbeitgeber und Arbeitnehmer: sie gilt 
nur für die Unternehmer von Fabriken, in welchen in der Regel 
mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, und nur für die 
Fabrikarbeiter®, nicht für die höheren Angestellten der Fabrik; 
ferner nicht für die übrigen gewerblichen Arbeiter der GewO., ein- 
schließlich der Hausindustriellen, vielmehr greift hier die „freie 
Übereinkunft“ des $ 105 GewO. Platz, ebenso. wie bei den Arbeit- 
nehmern, die nicht unter der GewO. stehen (z. B. Landarbeitern, 
Schauspielern, Handlungsgehülfen). Was die GewO. außerdem über 
die Verwirkung verfügt in $ 134b Nr. 5 (mit Strafsanktion in $ 148 
Nr. 11), bietet dem Arbeitnehmer (Fabrikarbeiter) keine Hülfe gegen 
deren Ausbedingung. Wenn nämlich die Arbeitsordnung Bestim- 
1 Bei geringerem Arbeitsangebot kehrt sich das Verhältnis zu Gunsten 
der Arbeiter um: Preufs. Gewerbeinspektion f. 1899 S. 326. 
2 Daher verstöfst z. B. die Verwirkungsklausel der S. 454! angezogenen 
Arbeitsordnung bei aller Härte nicht gegen die GewO. 5. ferner Gewerbe- 
gericht V, 131 fg. 
3 Den genannten Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden die in GewO. 
8 154 Abs. 2 aufgeführten gleichgehalten.
	        
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