Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

462 II. Abschn. Zahlungszeit. 7. Kap.: Verwirkung. 
mungen über die Verwendung der verwirkten Beträge enthalten 
mufßs — was sich nur auf die durch $ 134 Abs. 2 geregelte Verwirkung 
wegen Kontraktbruchs bezieht —, so ist damit nichts über die Art 
ihrer Verwendung geboten. Es kann auch eine zum Besten des 
Arbeitgebers geschehende Verwendung in der Arbeitsordnung vor- 
gesehen werden; und wenn das Verwirkte zum Besten der im Arbeits- 
verhältnis auch faktisch gebliebenen oder später eingetretener Arbeit- 
nehmer verwendet wird, so bedeutet dies für den, dem die Verwirkung 
widerfahren soll, keine ökonomische Erleichterung. 
Außerhalb der GewO. findet sich nur eine Bestimmung, die als 
besondere Schranke der Verwirkung geltend gemacht werden kann. 
Betrachtet man nämlich die Verwirkung als Konventionalstrafe 
‘S. 456), so unterliegt sie der Möglichkeit richterlicher Herabsetzung 
nach BGB. $ 343. Diese Herabsetzung ist „nach der Entrichtung 
der Strafe“ ausgeschlossen. Es fragt sich daher (besonders nach S. 454, 
al. 1), worin die Entrichtung der Strafe bei der Verwirkung besteht. 
Seitens des Arbeitgebers besteht sie in einer Vorenthaltung oder einem 
Abzug, d. h. darin, dafs er mit Hinweis auf die Verwirkung die Lohn- 
zahlung versagt oder nicht den ganzen verdienten, nämlich bis zum 
Abrechnungstag verdienten Lohn bezahlt. Aufserdem ist ein gewisses 
Verhalten des Arbeitnehmers erforderlich. Er braucht Teilzahlung 
nicht anzunehmen. Unterläfst er, sich gegen den Abzug und damit 
gegen die Verwirkung zu verwahren, so ist dies seinerseits Entrichtung 
der Strafe, und danach wäre eine Herabsetzung ausgeschlossen. 
Ebenso, wenn er sich mit der Nichtzahlung einverstanden zeigt. Wenn 
er dagegen sich wider die Vorenthaltung verwahrt, oder den Teil 
zwar annimmt, aber gegen den Abzug protestiert, so hat er die Strafe 
nicht entrichtet, und die Möglichkeit ihrer richterlichen Herabsetzung 
besteht fort. 
Fine allgemeine Schranke für die Ausbedingung der Verwirkung 
kann dem $ 138 Abs. 2 BGB. entnommen werden. Wer nämlich 
unter Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahren- 
heit eines anderen für die Leistung von Lohn sich Arbeit vom an- 
deren versprechen läfst, aber mit der Mafsgabe, dafs er die geleistete 
Arbeit unter Umständen nicht oder nicht mit dem zugesagten Betrag 
zu entgelten braucht, weil er die Verwirkung der Lohnforderung vor- 
gesehen hat, schliefst damit möglicherweise ein als wucherisch nichtiges 
Rechtsgeschäft. Vgl. S. 170—72. — 
Die vorstehenden Hinweise auf Schranken für die Ausbedingung 
der Verwirkung sind aus folgendem Grunde von praktischem Belang, 
Wir wissen, dafs das Recht der Aufrechnung gegenüber der Lohn-
	        
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