164 IL. Abschn. Zahlungszeit. 7. Kap.: Verwirkung.
geht es nicht an, weil die Aufrechnung gemäß S. 451 ausgeschlossen
ist, die Realisierung der Kaution mittelst Verwirkung des rückständigen
Lohnes herbeizuführen. Vielmehr ist die Annahme, mit der Aus-
bedingung der Kaution sei die Abrede der Verwirkung getroffen
worden, nur da zulässig, wo unzweifelhaft die Strafe der Ver-
wirkung ausbedungen worden ist, mag sie so oder anders (z. B.
Kassierung, Einbuße, Verfall) genannt werden.
So lange also bis die Gesetzgebung durch mehrere singuläre Vor-
schriften sich den Abreden von Verwirkung gerade der Lohnforderung
entgegenstellt, ist die Jurisprudenz auf die generellen Hüfsmittel an-
gewiesen, die dem Mifsbrauch der hier (d.h. außerhalb von GewO.
$ 134 Abs. 2) noch bestehenden Vertragsfreiheit zu steuern ver-
mögen. Hingegen der Umstand allein, dafs die Verwirkung einem
Zweck dienstbar gemacht werden kann, den auf dem Wege der Auf-
rechnung zu erreichen gesetzlich nicht angeht, ist kein juristisch hin-
reichender Grund, den Charakter der Verwirkung zu verwischen, und
sie dann schlechthin dem Aufrechnungsverbote zu unterstellen !.
VI. Die Verwirkung in der Anwendung auf den Arbeitslohn
kommt mit der Einbehaltung, der Aufrechnung und der Zurück-
behaltung darin überein, dafs sie sich wie diese in einem Abzug
vom Lohne zu äußern pflegt. Der Vorgang des Abzugs ist
danach von grofßer juristischer Mannigfaltigkeit®*. Sie wird noch
dadurch gesteigert, dafs Abzug auch in den folgenden, von den an-
geführten verschiedenen Fällen vorkommt und als Abzug vom Lohne
teils gesetzlich, teils sonst bezeichnet wird: 1. in den S. 433—35 be-
handelten Fällen; 2. in den S. 439 erwähnten; 3. in Fällen, wo der
am Zahlungstag gewöhnlich zur Entrichtung kommende Lohnbetrag
dadurch reduziert ist, daß Vorschufßfszahlung stattgefunden hat?; 4. in
Fällen, wo der Arbeitnehmer hinter seinem gewöhnlichen Verdienst
zahlung einbehalten werden könne, dürfte wider GewO. 8 119% verstofsen, der
direkt oder, falls Verwirkung in Frage steht, analog anwendbar ist: S. 444 fg.
460. Ob die erwähnte „Kaution“ der Aufrechnung oder der Verwirkung
dienstbar sein soll, ist nicht kundgegeben.
* wie Sigel in Gewerbegericht VI, 40. 41 thut.
? Wenn nach dem „Allgemeinen Berggesetz für die preußischen Staaten“
8 80b Nr. 3 die Arbeitsordnung Bestimmungen enthalten mufs „über die Fälle,
in denen wegen unzulänglicher oder vorschriftswidriger Arbeit Abzüge ge-
macht werden dürfen“, so ist damit die juristische Konstruktion dieses Vor-
ganges offen gelassen.
3 z. B. Arbeitsordnung der optischen Werkstätte von Carl Zeils in
Jena 8 13.