Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

472 III. Abschn. Arbeitszeit. 1. Kap.: Begriff, Arten und Bedeutung. 
schon S. 470 hingewiesen wurde) innerhalb‘ dieser Grundform nur 
einer bestimmten, obzwar verbreiteten Gruppe von Akkorden zu- 
kommt. Den Akkorden dieser Gruppe ist gemeinsam, dafs die 
Direktion der Arbeit für den Vollzug (S. 93 fg.) dem Arbeitnehmer zu- 
steht, namentlich die Arbeitszeit engeren Sinnes seiner Bestimmung 
überlassen ist. Hier ersetzt die Lieferzeit dem Arbeitgeber den ihm 
fehlenden Einflufßs auf den zeitlichen Verlauf der Arbeit. Nehmen 
wir z. B. die Konfektionsverordnung (vom 31. Mai 1897), durch welche 
besonders die Arbeitszeit für die in Werkstätten der Kleider- und 
Wäschefabrikation zu verrichtende Arbeit geregelt wird. Diese Arbeit 
kann eine aus Akkorden zu leistende sein und findet sich als von 
Arbeiterinnen zu verrichtende nach Länge, Lage und Verteilung im 
Kalendertag gesetzlich bestimmt. Denken wir aber die nämlichen 
Akkorde, d.h. Akkorde über die nämliche Näharbeit, als mit der 
Mafsgabe geschlossen, dafs die Arbeit nicht in einer der Disposition 
des Arbeitgebers unterstehenden Werkstätte, sondern etwa in der eigenen 
Wohnung des Arbeitnehmers vollbracht werden soll, so gelten nicht 
blofs nicht die erwähnten gesetzlichen Bestimmungen, sondern es 
werden auch von den Parteien keinerlei Bestimmungen über die 
Arbeitszeit i. e. S. aufgestellt. Die zeitliche Direktion ist dem Heim- 
arbeiter überlassen, ihm anheimgestellt, auf welche Wochentage, in 
welche Tages- oder Nachtzeit er die Arbeit legen, wie lange er sie 
ausdehnen, mit welchen Pausen er sie unterbrechen will. Nicht 
anders steht es um die Akkorde, die z. B. ein Stauer über die Be- 
ladung eines Schiffes mit einem Rheder, ein Ingenieur über die Her- 
stellung einer Brücke, ein Spediteur über die Beförderung von 
Waren abschliefst. Hier findet sich etwa der Anfang der vom Arbeit- 
nehmer aus diesen Akkorden zu leistenden Arbeit zeitlich festgesetzt ?, 
dagegen ist der weitere zeitliche Verlauf der Arbeit im Vertrag gar 
nicht bestimmt. Diese Arbeitszeit ist in allen möglichen Beziehungen 
dem Arbeitnehmer überlassen, und nur soweit er die zu leistende 
Arbeit durch Dritte verrichten läfst, die seine Arbeitnehmer sind, 
kann er durch seinen eigenen Arbeitgeber oder durch das Gesetz 
verhalten sein, bei der Verrichtung eine gewisse Arbeitszeit zu be- 
obachten (unten S. 487). 
Wo dagegen für die Akkordarbeit die Arbeitszeit engeren Sinnes 
bestimmt und damit die zeitliche Direktion dem Arbeitnehmer ent- 
1 z. B. Lage des Handwerks II, 229. Molkenbuhr in Brauns Archiv 
XV, 659. 660. 
? So spricht mit Bezug auf den Akkord über Beförderung von Aus- 
wanderern AuswG. 8 27 von „dem vertragsmäfsig bestimmten Abfahrtstag“.
	        
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