Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

I. Negative Nichteinhaltung der Arbeitszeit. 497 
mit zweistündiger Mittagspause zehn Stunden bei Tage zu arbeiten 
hat, dafs die Sonntage, sowie alle Monate ein Mittwochnachmittag frei 
bleiben, und dafs sie jährlich drei Wochen Urlaub hat. Die Regelung 
der Arbeitszeit in dem beispielsweise gewählten Arbeitsverhältnis be- 
wegt sich auf dem Boden nicht bloß einer Arbeitsperiode, sondern 
mehrerer, da sowohl der Tag, als die Woche, der Monat und das 
Jahr zur Regelung der Arbeitszeit herangezogen sind, 
Unterzeit und Überzeit. 
I. Die Arbeitszeit, soweit ihr eine Regelung zu Teil geworden ist, 
kann eingehalten oder nicht eingehalten werden. Ihre Einhaltung be- 
steht darin, dafs der Arbeitnehmer zu der bestimmten Zeit die Arbeit 
leistet, Damit wird den Rechtswirkungen vorgebeugt, die sich an das 
Unterbleiben der geschuldeten Leistung knüpfen, und werden die 
Rechtswirkungen ausgelöst, die nach Form und Art des Arbeits- 
vertrags mit dessen Vollziehung verknüpft sind; namentlich kann 
dadurch die Vergütungsforderung fällig gemacht werden. Mit der 
zeitlich richtigen Vornahme der Arbeit ist das juristische Interesse 
an der Arheitszeit beim gegebenen Arbeitsvertrage erschöpft. 
Zu weiteren allgemeinen Betrachtungen giebt der entgegengesetzte 
Fall Anlafs, dafs der Arbeitnehmer die Arbeitszeit nicht einhält. Diese 
Nichteinhaltung ist zweierlei, gemäfs der zwiefachen Normierung, 
durch welche die Arbeitszeit bestimmt sein kann. Ihre Normen können 
nämlich festsetzen, dafs die Arbeit zu einer gewissen Zeit zu leisten ist, 
und sie können festsetzen, dafs die Arbeit zu einer gewissen Zeit nicht 
zu leisten ist, — damit ist die Arbeit auf die übrige Zeit verwiesen. 
Die Nichteinhaltung der Arbeitszeit besteht im ersten Falle 
darin, dafs zu der Zeit, da die Arbeit geleistet werden sollte, sie 
nicht geleistet wird. Die Nichteinhaltung der Arbeitszeit besteht also 
hier in etwas Negativem, in‘ einem Unterbleiben der rechtzeitigen 
Leistung; man kann daher hier von negativer Nichteinhaltung der 
Arbeitszeit sprechen. Für den Begriff dieser Nichteinhaltung ist deren 
Ursache gleichgültig. Dafs die geschuldete Arbeit nicht zur gehörigen 
Zeit geleistet wird, kann liegen am Arbeitnehmer, indem er sich un- 
thätig verhält, am Arbeitgeber, indem er sich der zur Leistung er- 
forderlichen Mitwirkung enthält!. an etwas Drittem, indem sich ein 
Drittes Kapitel. 
! z, B. HGB. 8 666 „der Reisende, der sich vor oder nach dem Antritt 
der Reise nicht rechtzeitig an Bord begiebt“. EisenbahnVO. 8 19, 2 „dem 
Reisenden, welcher die Abfahrtszeit versäumt“. 
Lotmar. Arbeitsvertrag. I.
	        
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