VI. Natürliche Begrenzung bei Akkorden. 529
Arbeitsverhältnis von dem gleichen Arbeitnehmer abwechselnd Arbeiten
für Akkordlohn und für Zeitlohn zu leisten sein können, z. B. vom
Setzer, der, mit dem Satz eines mathematischen Werkes beschäftigt,
im Berechnen arbeitet und nach Vollendung dieser Akkordärbeit, bis
sich wieder eine solche Aufgabe bietet, in der nämlichen Druckerei
eine Zeit lang in gewissem Gelde steht.
Aus alle dem ergiebt sich, daß die Stellung oder die Verein-
barung einer Arheitsaufgabe von beschränktem Umfang nicht notwendig
auch natürliche Begrenzung des Arbeitsverhältnisses ist. Ob sich die
Schranke der Aufgabe dem Arbeitsverhältnis als Zeitgrenze mitteilt,
oder ob die Vertragszeit die Lösung der Aufgabe überdauert, ist in
vielen Fällen leicht zu entscheiden, indem die Antwort durch den
deutlich erklärten Willen der Parteien, durch die Beschaffenheit der
Arbeit, die Umstände !, das Herkommen oder die Verkehrssitte dar-
geboten wird®, In vielen anderen Fällen ist jedoch die Beantwortung
zweifelhaft *, und da sie auch vom Willen der Kontrahenten abhängt,
so .spielt hier ein Machtunterschied seine für den schwächeren ver-
hängnisvolle Rolle *.
Die praktische Bedeutung des Unterschieds ist grofßs und ein-
leuchtend. Denn wenn das Arbeitsverhältnis mit einer natürlichen
Grenze versehen ist, so endigt es von selbst mit ihrer Erreichung,
sodafs der Arbeitnehmer zur Lösung einer neuen Aufgabe nicht ver-
pflichtet ist, und der Arbeitgeber durch Nichtstellung einer solehen
1 z. B. den Betrag der vorausbezahlten Vergütung, die Ständigkeit oder
Unständigkeit des Arbeitsbedarfs.
®? Danach bezieht sich z. B. der vom Absender mit dem Frachtführer
geschlossene Frachtvertrag gewöhnlich nur auf eine Beförderung, die des
übergebenen Gutes, während der vom Schneidermeister mit dem Werkstatt-
arbeiter eingegangene Vertrag sich über die Arbeit an dem Fracke hinaus
erstreckt, welche bei der Vertragschliefsung vereinbart wurde.
3 z. B. ob der Kapitän, dem bei der Anstellung eine bestimmte Reise
übertragen worden ist, nur für diese oder auch für folgende angestellt
sei; wie weit das Arbeitsverhältnis des Zwischenmeisters oder des Heim-
arbeiters in der Konfektion reiche. Kommission für Arbeiterstatistik, Er-
hebungen Nr. 10 8. 44: „Im allgemeinen bezieht sich in der Konfektion der
Arbeitsvertrag auf den einzelnen Auftrag.“
4 Zahlreich sind daher die Fälle, in denen mit Recht oder mit Unrecht
eine Arbeiterin sich gefallen lassen mufs, dafs mit der Erledigung einer ihr
gestellten Aufgabe auch ihr Arbeitsverhältnis als geendigt, nicht als für neue
Aufgaben fortdauernd behandelt wird, indem der Arbeitgeber, der Konjunktur
folgend, sie abstößt. S. Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohn-
arbeiterinnen. Ergebnisse und stenogr. Protokoll u. s. w. (Wien 1897) passim,
sbenso Kommission f. Arbeiterstatistik, Verhandlungen Nr. 10.
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 34