Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

I. Übersicht. 1I. Gesetzliche, ILL, Vertragliche Endbestimmung. 539 
disposition auf länger als vier Jahre erstrecken würde, mit dem Ab- 
lauf von vier Jahren, Im Handelsgewerbe bestimmt sich in Er- 
mangelung vertragsmäfsiger Festsetzung die Dauer der Lehrzeit „nach 
den örtlichen Verordnungen oder dem Ortsgebrauch“: HGB. $ 77 
Abs. 1. Damit werden partikulare Normen vom Reichsgesetz an- 
erkannt. 
Eine gesetzliche Endbestimmung für die gewerblichen Arbeits- 
verhältnisse ist — abgesehen von der erwähnten, der Lehrzeit von 
Handwerkslehrlingen zugedachten — in der GewO. nicht “enthalten. 
Den gegenteiligen Anschein erweckt $ 124b, Wir haben indessen schon 
S. 470° gesehen, dafs hier mit dem Wort „Arbeitszeit“ die Vertragszeit 
gemeint ist, die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Indem nun neben 
„yvertragsmäfsiger“ alternativ auch „gesetzliche“ Vertragszeit genannt 
ist, wird der Anschein erweckt, dafs die GewO. oder sonst ein die 
Arbeitsverträge der genannten Personen regelndes Gesetz die Dauer 
ihrer Arbeitsverhältnisse bestimme, dafs es hier eine gesetzliche End- 
bestimmung der Vertragszeit gebe. Dies ist aber mit nichten der 
Fall. Zur Rechtfertigung der Ausdrucksweise des Gesetzes möchte 
man darauf verweisen, dafs es selber für die von ihm genannten 
Arbeitsverhältnisse in $ 122 die KEinhaltung einer Kündigungsfrist 
vorschreibt und mit „gesetzlicher Arbeitszeit“ diese Kündigungsfrist 
gemeint haben könnte. Dann würden durch 8 124% die Fälle ge- 
troffen sein, in denen der Arbeitnehmer während der gesetzlichen 
Kündigungsfrist (mag eine Kündigung durch eine Partei schon erfolgt 
sein, oder die Frist ohnedies vom Tag des Verlassens der Arbeit ge- 
rechnet werden) die Arbeit verläfst. Auch bei dieser Deutung bliebe 
aber bestehen, dafs die GewO. für die fraglichen Arbeitsverhältnisse 
keine Endbestimmung giebt. Denn wo ein Gesetz die Einhaltung 
einer Kündigungsfrist vorschreibt, ist es doch die Handlung des 
Kündigenden und nicht das Gesetz, was dem Arbeitsverhältnis ein 
Ende macht. Mit „gesetzlicher“ Vertragszeit hätte also die GewO. den- 
jenigen Teil der Vertragszeit gemeint, dessen Dauer sie bestimmt. 
Dafs ein Gesetz mit. Aufstellung einer Kündigungsfrist nicht die Dauer, 
sondern nur die Minimaldauer der Vertragszeit bestimmt, haben wir 
S. 524 gesehen. 
III. Während somit die gesetzliche Endbestimmung eine geringe 
Rolle spielt, ist dem Vorkommen der vertraglichen oder ver- 
1 Eine partikularrechtliche Endbestimmung giebt die revidierte Gesinde- 
ordnung für das Königr. Sachsen (vom 31. Mai 1898) 8 19, wonach in Er- 
mangelung einer Vereinbarung über die „Dauer der Mietzeit“ (d, bh, der Dienst- 
zeit) dieselbe „gesetzlich beim landwirtschaftlichen Gesinde ein Jahr“ beträgt.
	        
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