Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

V. Kündigungserfordernis und vertragliche Endbestimmung. 551 
sinfach (d. h. ohne die erwähnte „Vereinbarung“) „für bestimmte Zeit“ 
eingegangen wäre, so würde es mit Ablauf dieser Zeit endigen. Die 
„Vereinbarung“, die dem Eingehen „auf bestimmte Zeit“ beigefügt 
wird, läßt die Endbestimmung nicht aufkommen. Denn nun endigt 
das Dienstverhältnis nicht durch den Ablauf der bestimmten Zeit, 
sondern durch Kündigung. Dafs es nur die (befristete) Kündigung 
ist, die das Dienstverhältnis endigt, wird darin ausgesprochen, dafs 
das Ausbleiben der Kündigung das Dienstverhältnis über die „be- 
stimmte Zeit“ fortdauern läßt. Da erst die Kündigung, die eintreten 
oder unterbleiben kann, dem Arbeitsverhältnis ein Ende macht, ihm 
sin Ende nicht durch den Vertrag gesetzt ist, so haben wir ein 
Arbeitsverhältnis von unbestimmter Vertragszeit. Zur Verhittung der 
Verlängerung des Dienstverhältnisses genügt natürlich nur eine Kün- 
digung, deren Wirkung auf das Ende der Zeit fällt, für die der 
Vertrag eingegangen wurde. Um in diesem Zeitpunkt zu wirken, 
mufs sie ihm um die Länge der Kündigungsfrist vorangehen; erfolgt 
zie später, so wird das Dienstverhältnis um ebensoviel verlängert. 
Wegen dieser Kündigungsfrist verweist unsere Stelle auf Abs. 1, nach 
welchem die von den Parteien bedungene Kündigungsfrist für beide 
Teile gleich sein mufs und nicht weniger als einen Monat betragen 
soll. Dagegen sagt Abs. 1, auf den unser Abs. 3 verweist, nichts 
über die Länge der Kündigungsfrist für den Fall die Parteien sie 
nicht bedungen haben‘. Indem aber jener Abs. 1 im Anschluls an 
S 66 sagt: „Wird durch Vertrag eine kürzere oder längere Kündigungs- 
frist bedungen“, nämlich als im $ 66 vorgesehen ist, macht er dieses 
Normalmafs des $ 66, d. i. sechs Wochen, auch für Abs. 3 des 8 67 zum 
Normalmafs der Kündigungsfrist *. Dafs somit die sechswöchige Kün- 
ligungsfrist, welche $ 66 als normale giebt, wenn das Dienstverhältnis 
‚für unbestimmte Zeit“ eingegangen ist, vom Gesetz in $ 67 durch 
Verweisung auf Abs. 1 auch für den Thatbestand des Abs. 3 als 
normale vorgeschrieben ist, bekräftigt unsere Annahme, dafs dieser 
Thatbestand ein Fall von unbestimmter Vertragszeit ist?s. Dafs aber 
ı Diesen Fall finden wir vom vorigen (d. h. dem mit bedungener Kün- 
digungsfrist) weder unterschieden bei Staub, Kommentar zu HGB. $ 67 
Anm, 5, noch bei Düringer und Hachenburg, Kommentar z. d. St., Il. 
® Wenn also ein Dienstverhältnis mit einem Handlungsgehülfen z. B. 
für ein halbes Jahr mit der Vereinbarung eingegangen wird, dafs es in Er- 
mangelung einer vor dem Ablaufe der Vertragszeit erfolgten Kündigung als 
verlängert gelten soll, so mufs — falls über die Kündigungsfrist nichts aus- 
zemacht ist — die Kündigung mindestens sechs Wochen vor Ablauf des halben 
Jahres erfolgen, um der Verlängerung vorzubeugen. 
3 Vol. auch Immerwahr, Die Kündigung (1898) S. 138/39. 160 Anm. 4.
	        
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