VI. Ausschlufs der Unkündbarkeit. Paritätserfordernis. 557
verhältnisse von unbestimmter Vertragszeit, und kann man nicht sagen,
dafs ihre Interpretation die Nichtigkeit des fraglichen Vorbehalts er-
gebe‘. Aber durch Annahme seiner Gültigkeit würde ein Zustand
geschaffen werden, wie ihn die genannten Gesetze verhindern wollen. Denn
der mit Kündigungsfreiheit bedachte Teil befindet sich insofern in der
Lage einer Partei, die ein Dienstverhältnis nicht für bestimmte Zeit
begründet hat, als er im stande ist, der Wirksamkeit der End-
bestimmung vorzubeugen, das Verhältnis nach eigenem Ermessen zu
endigen; da der Andere nicht in die gleiche Lage versetzt ist, so
braucht er dessen Kündigung nicht zu befürchten. Der Andere seiner-
seits hat keine Sicherheit, dafs das Verhältnis bis zum vereinbarten
Endtermin währen werde; er empfindet es insofern als ein für unbe-
stimmte Zeit eingegangenes, und soll doch nicht die Macht haben,
sich gleich seinem Gegner durch die gewöhnliche Kündigung zu be-
freien, soll vielmehr den Ablauf der vereinbarten Frist abwarten
müssen, wie wenn er nur auf diesen Zeitpunkt kündigen könnte.
Die Zulassung solcher Imparität, mag sie dem Arbeitgeber oder dem
Arbeitnehmer zu Gute kommen, würde ein bequemes Mittel gewähren,
die Ungleichheit der Kündigungsfristen, welche die Gesetze für ge-
wisse Dienstverhältnisse hintanhalten wollen, auf einem Umweg —
nämlich mittelst Befristung unter einseitigem Kündigungsvorbehalt —
zur Geltung zu bringen ?.
Hiernach kann — soweit HGB. $ 67 und GewO. $$ 122. 133424
reichen? — neben vertraglicher Endbestimmung das Kündigungsrecht
blofs für die eine Partei des Dienstverhältnisses nicht vorbehalten
werden; und solchem Vorbehalt steht es gleich, dafs nur eine Partei
für bestimmte Zeit gebunden wird, die andere nicht oder nur für
kürzere Zeit*. Aufserhalb des angegebenen gesetzlichen Bereichs,
namentlich bei den Dienstverhältnissen, die nur vom BGB. geregelt
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ı Gewerbegericht III, 31: „Diese die Vertragsfreiheit der Beteiligten
einschränkende Gesetzesbestimmung ‘kann unmöglich extensiv interpretiert
werden.“ Damit ist freilich das Problem keineswegs erledigt.
2? Dieser Umgehung wird in der von Gewerbegericht III, 31 mitgeteilten
Entscheidung nicht Rechnung getragen.
3 Von HGB. 8 67 macht 8 68, und ebenso GewO, $ 1332 ‚von GewO.
813822 zwei Ausnahmen. GewO. 8 122 erstreckt sich aufser auf Gesellen und
Gehülfen auf Fabrikarbeiter ($ 134 Abs. 1) und auf die Schiffsmannschaft in
der Binnenschiffahrt (BiSchG. 8 25 Abs. 1), GewO. 8 133% erstreckt sich anf
die höheren Angestellten des Gewerbes, auf den Binnenschiffer (BiSchG. $ 20
Abs. 1) und auf den Flofsführer (FIG. 8 16 Abs. 1).
4 Oben S. 541 und Gewerbegericht IV, 83 unten.