Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

558 IV. Abschn. Vertragszeit. 3, Kap.: Gesetzl. u. vertragl. Endbestimmung. 
werden und bei denen der Seeleute! ist die Frage der Zulässigkeit 
nur danach zu entscheiden, ob die Einseitigkeit des Vorbehalts im ge- 
gebenen Fall wider die guten Sitten verstößt. — Wo der Vorbehalt 
anmittelbar von Rechts- oder zunächst von Moralwegen nichtig ist, 
entsteht die weitere Frage, ob nach der Regel utile per inutile non 
vitiatur blofßs der Vorbehalt wegfällt, während der Dienstvertrag samt 
der vertraglichen Endbestimmung aufrecht bleibt, oder ob auch die 
Endbestimmung oder gar der ganze Vertrag hinfällig ist. Für die 
Antwort ist malßsgebend BGB. $ 139. Diese Vorschrift ist so gefalßst, 
Jafs sie die Wahl zwischen den drei erwähnten Möglichkeiten läfst. 
Die Wahl wird durch Auslegung des gegebenen Vertrags entschieden. 
2. Nach HGB. $ 92 Abs. 1 „kann das Vertragsverhältnis zwischen 
dem Geschäftsherrn und dem Handlungsagenten, wenn es für un- 
bestimmte Zeit eingegangen ist, von jedem Teil für den Schluß 
eines Kalendervierteljahrs unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 
sechs Wochen gekündigt werden“. Nach dem, was S. 553. 554 zu 
BGB. 8 620 und HGB. 8 66 erörtert worden ist, müssen wir sagen: 
wenn das Agenturverhältnis für eine bestimmte Zeit eingegangen 
ist, -so ist es während dieser Zeit nicht kündbar. Aber dieser Satz 
gilt nicht ausnahmslos ($ 92 Abs, 2), und durch Übereinkunft der 
Parteien kann die Kündigung vorbehalten werden. 
3. Das durch Lehrvertrag begründete Lehrverhältnis der Hand- 
lungslehrlinge und der gewerblichen Lehrlinge ist trotz Verabredung 
der Lehrzeit, d. h. vertraglicher Endbestimmung, in gewissem Umfang 
kündbar, auch ohne dafs dies vorbehalten ist. Dies gilt zuvörderst 
für den Teil der Vertragszeit, welcher Probezeit heißt (HGB. $& 77 
Abs. 2, GewO. 8 127b Abs, 1). Nach dieser Zeit ist die Kündigung 
aus gewissen gesetzlichen Gründen (HGB. $8 77 Abs. 3. 78 Abs. 1, 
GewO. $$ 127b Abs. 2. 3. 127° Abs. 1) oder im Fall des Todes des 
Lehrherrn (HGB. $ 77 Abs. 3, GewO. 8. 127b Abs. 4) statthaft. 
4. Nach HGB. $ 231 Abs. 3 ist die Bestellung zum Mitglied des 
Vorstands einer Aktiengesellschaft „jederzeit widerruflich, unbeschadet 
des Anspruchs auf die vertragsmäfsige Vergütung“. Der Widerruf 
oder die Kündigung des (möglicherweise) durch die Bestellung be- 
gründeten Arbeitsverhältnisses? ist statthaft, selbst wenn das Arbeits- 
' Im 3. Jahresbericht des Seemannsverbandes (für 1900) S. 66 beschwert 
man sich über Vereinbarungen, nach denen der Schiffsmann auf sech oder 
zwölf Monate mustert, und dem Arbeitgeber das Recht zusteht, den Schiffs- 
mann nach jeder Reise im Heimatshafen zu entlassen. 
? Geschieht die Bestellung unentgeltlich, so begründet sie kein Arbeits- 
verhältnis. Vgl. S. 296 Nr;'2 und S. 2492.
	        
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