572 IV. Abschn. Vertragszeit. 4, Kap.: Kündigung im Allgemeinen.
zültigen Kündigung kann, wie vorhin gesagt, nur in dem Sinne die
Rede sein, dafs durch eine Erklärung des Urhebers der ungültigen
Kündigung ihre unter Nr. V betrachtete Umdeutung in eine gültige Kün-
Jigung hintangehalten werden kann. Ist diese Hintanhaltung
anterblieben, indem die besagte Erklärung nicht an dem Tage, da
die ungültige Kündigung erfolgte, abgegeben wurde, so steht die ge-
heilte Kündigung der ursprünglich gültigen hinsichtlich der Wider-
ruflichkeit gleich. Von der Widerruflichkeit einer gültigen Kün-
digung ist nun zu sprechen.
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist nicht widerruflich.
Daß die Kündigung ein einseitiger Akt ist, entscheidet nicht für ihre
Widerruflichkeit!. Es giebt einseitige Akte, denen das. Gesetz die
Widerruflichkeit schlechthin beilegt, so das Stiftungsgeschäft (BGB.
8 81), die Ermächtigung ($8 112. 113), die Anweisung ($& 790), die
testamentarische Verfügung (88 2253. 2270), der testamentarische
Widerruf einer letztwilligen Verfügung ($ 2257), die Erteilung der
Prokura (HGB. 8 52). Es giebt ferner einseitige Akte, denen das Gesetz die
Widerruflichkeit beilegt, indem es der Privatdisposition vorbehält,
diese Akte zu unwiderruflichen zu machen; so die Bevollmächtigung
(BGB. 88 168. 176 Abs. 3), die Einwilligung ($ 183), die Auslobung
’8 658). Umgekehrt ist der Antrag zu einem Vertrage — auch ein
ainseitiges Geschäft — für den Antragsteller bindend oder unwider-
ruflich, er habe sich denn den Widerruf vorbehalten ($ 145). Nimmt
man noch hinzu, dafs die einseitigen Akte der Annahme einer Erb-
schaft und der Ausschlagung einer Erbschaft ($$ 1942—1959), über
deren Widerruflichkeit sich das Gesetz nicht ausspricht, für unwider-
ruflich zu gelten haben, so findet man bestätigt, dafs die Einseitigkeit
eines Aktes nicht für seine Widerruflichkeit entscheidet, und darf man
schließen, dafs ein einseitiger Akt, dem das Gesetz die Widerruf-
lichkeit nicht beilegt, für unwiderruflich zu halten sei.
Des Widerrufs der Kündigung wird in den Gesetzen nicht ge-
Aacht. Dafs die Kündigung trotz der Einseitigkeit des Vorgangs nach
zwei Seiten Rechtswirkung hat, nämlich ein Rechtsverhältnis zweier
Personen aufhebt, jetzt oder später aufhebt, spricht gegen ihre Wider-
ruflichkeit. Denn durch die Kündigung wird der davon betroffene
Geoner regelmäfsig nicht blofs eines Rechts entkleidet, sondern auch
ı Übereinstimmend Thiele a. a. O. 8. 88 vgl. mit S. 163: „Wenn auch
die Kündigung ein einseitiges Rechtsgeschäft ist, so folgt daraus keineswegs
ihre Widerruflichkeit. Auch die einseitigen Rechtsgeschäfte sind der Regel
nach unwiderruflich. Im praktischen Leben würde die Widerruflichkeit der
Kündigungserklärung auch zu den gröfsten Härten führen.“