Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

578 IV. Abschn. Vertragszeit. 4. Kap.: Kündigung im Allgemeinen. 
die Frage, ob nicht manche von den beispielsweise angeführten Kün- 
digungen wegen Verstolses gegen die guten Sitten ungültig seien. 
Nur im Vorbeigehen sei daran erinnert, dafs Unsittlichkeit der Be- 
dingung und danach Ungültigkeit der bedingten Erklärung nicht bloß 
dann gegeben ist, wenn der zur Bedingung gemachte Umstand oder 
Vorgang wider die Moral verstöfßst, sondern auch wenn es unmoralisch 
ist, ein Verhalten eines anderen dadurch gewissermafsen zu erzwingen, 
dafs man ihn für den Fall des Ausbleibens dieses Verhaltens mit dem 
Nachteil der Endigung des Arbeitsverhältnisses bedroht. 
Die Fälle bedingter Kündigung sind, wie die angeführten Bei- 
spiele nebst dem in BGB. $ 643 vorkommenden erkennen lassen, 
auch darin verschieden, daß in manchen mit der Bedingung noch eine 
Zeitbestimmung für die Entscheidung der Bedingung verbunden ist, 
sei es ein Termin, an welchem, oder eine Frist, innerhalb welcher 
die Bedingung eintreten oder ausfallen soll (z. B. $ 643 „bis zum 
Ablauf der Frist“). Eine solche auch bei anderen bedingten Er- 
klärungen vorkommende Zeitbestimmung! ist augenscheinlich ver- 
schieden von einer schon vor der Kündigung durch Gesetz oder 
Vertrag bestimmten Kündigungsfrist. Sie hat zunächst nur Bedeutung 
für die Frage, ob die Bedingung erfüllt oder ausgefallen ist. Wo 
eine solche Zeitbestimmung nicht in der Kündigung getroffen worden 
ist, mufs, wie bei anderen bedingten Geschäften, den Umständen ent- 
nommen werden, welche Zeit für die Entscheidung der Bedingung 
maßgebend ist: Auslegung der Bedingung ?. 
Betrachtet man nun die Wirkung einer der Kündigung beigefügten 
Bedingung, so hat man von der regelmäfsigen, durch BGB. 8 158 
Abs. 1 statuierten auszugehen?®. Sie besteht darin, dafs die von der 
Bedingung abhängig gemachte Wirkung des Geschäfts mit dem 
Eintritt der Bedingung eintritt. Die Wirkung des Kündigungs- 
geschäfts besteht entweder in der sofortigen Endigung oder in der 
befristeten Endigung des Arbeitsverhältnisses, d. h. letzterenfalls, dafs 
eine Frist in Lauf gesetzt wird, mit deren Ablauf das Verhältnis 
endigt. Gemäfs dieser zweierlei Wirkung der Kündigung ist die 
Wirkung einer ihr beigefügten Bedingung verschieden. 
l. Bei der unbefristeten Kündigung — einerlei. ob sie einen 
1 z.B. „si in quinquennio proximo Titio filius natus non erit, tum decem 
Seiae heres dato“: 4 $ 1 D. 35, 1. 
? Vgl. Brinz, Pandekten IV $ 543 Anm. 3. 4. 
3 „Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vor- 
genommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit 
dem Eintritte der Bedingunges ein.“
	        
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