V. Paritätserfordernis nach GewO. $ 122. 591
Zeit ihrer Wirkung!. Ebensowenig verstölßst eine ökonomische Be-
schränkung der Kündigungsfreiheit, auch eine einseitige, wider die
Regeln der GewO. von der Befristung: S. 446 Nr. 1.
Die vom Gesetz geforderte Gleichheit der vom Gesetz ab-
weichenden Befristung ist eine formale oder absolute*. Es ist be-
Jlanglos, dafs die äufsere, d.h. in der Disposition über die Befristung
hervortretende Ungleichheit durch andere Bestimmungen oder Voraus-
setzungen materiell behoben oder kompensiert werde, indem z. B. dem
Vorteil kürzerer Frist für die Kündigung des Arbeitgebers die Schranke
gegenübersteht, dafs er nur an gewissen Tagen oder seltener als der
Arbeitnehmer kündigen kann; oder dem Arbeitnehmer eine kürzere
Frist vorbehalten worden ist mit Rücksicht darauf, dafs er die
schwächere Partei im gegebenen Arbeitsverhältnis bildet. Auf derlei
verhältnismäfßige Gleichheit läßt sich aus nahe liegenden Gründen
das Gesetz nicht ein. Es erklärt die, eine Ungleichheit der Befristung
schaffende Privatdisposition für nichtig, einerlei, ob auch eine materielle
Ungleichheit bewirkt ist, und einerlei, welche Partei in der Disposition
bevorzugt ist. Die Nichtigkeit ergreift die ganze Privatdisposition
über die Befristung, sie ist nicht etwa nur so weit nichtig, als sie
dem Erfordernis der Gleichheit widerspricht®*. Andererseits greift
die Nichtigkeit auch nicht weiter. Wenn das Gesetz Vereinbarungen,
die der Paritätsvorschrift zuwiderlaufen, für nichtig erklärt, so trifft
es damit nur die über die Kündigungsfrist gemachte Vereinbarung.
Der Arbeitsvertrag bleibt im übrigen bestehen, und es greift in Er-
mangelung einer gültigen Privatdisposition die gesetzliche Kündigungs-
ud
- Auch hier kann, obwohl es sich nicht um Befristung handelt, Ungleich-
behandlung der Parteien stattfinden, indem z. B. der Arbeitnehmer nur am
Ende, der Arbeitgeber auch im Laufe des Arbeitstags, der Arbeitnehmer nur
nach Vollbringung der Arbeit, der Arbeitgeber ohnedies soll kündigen können ;
allein auf diese Ungleichheit bezieht sich GewO. $ 122 nicht, er regelt die
„freistehende“ Kündigung. Ungleiche Beschränkung der Kündigungsfreiheit
kann jedoch als Verstofs gegen die guten Sitten ungültig sein. — Das Ge-
werbegericht und das Landgericht zu Berlin (Unger, Entscheidungen Nr. 69 I.
Nr. 70. Soz. Praxis X, 844) beziehen den $ 122 GewO. auch auf die Zeit der
Unkündbarkeit. Dies entspricht nicht dem Sinn von „Aufkündigungsfrist“,
Aber die Bevorzugung einer Partei hinsichtlich der Kündbarkeit kann moral-
widrig sein (S. 555—858), und die Reprobation solcher Ungleichheit ist im
Geiste des $ 122 GewO.
2 Die Mängel dieser formalen Gleichheit beleuchtet Flesch in Gewerbe-
gericht IV, 117 und Zur Kritik des Arbeitsvertrags S. 16—26,
8 Es wird z. B. die Übereinkunft, dafs eine Partei mit dreiwöchiger, die
andere mit vierwöchiger Frist zu kündigen habe, nicht als Abrede dreiwöchiger
Kündigungsfrist aufrecht erhalten,