Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

604 IV. Abschn. Vertragszeit, 6. Kap.: Unbefristete Kündigung. 
Dauer der Vertragszeit eingegriffen haben — durch Setzung einer Frist 
der Unkündbarkeit, durch natürliche Begrenzung des Arbeitsverhält- 
nisses oder durch Setzung einer vertraglichen Endbestimmung — ist 
damit regelmälfsig das Arbeitsverhältnis der einseitigen Endbestimmung 
durch befristete Kündigung entzogen. Hingegen die aufserordentliche 
oder unbefristete Kündigung braucht sich an solche das Arbeitsver- 
hältnis zeitweise befestigende Abmachungen nicht zu kehren (S. 533. 
542%, 554/55), diese einseitige Endbestimmung ist über eine zwei- 
seitige Regelung der Vertragszeit erhaben und kann selbst nachdem 
eine befristete Kündigung ergangen ist, im Lauf ihrer Frist dem Ar- 
beitsverhältnis ein Ende machen (S. 573%)®, Insofern hat die un- 
befristete Kündigung ihrerseits ein weiteres Anwendungsgebiet als die 
befristete. 
II. Das Recht zu unbefristeter Kündigung? kann durch Gesetz 
oder durch Privatdisposition verliehen sein. Da die durch Privat- 
disposition verliehene unbefristete Kündigung ein seltenes Vor- 
kommnis und von geringer praktischer Bedeutung ist, indem die sonst 
auf Privatdisposition zurückgehende, oft vorkommende Unbefristetheit auf 
Erweiterung der Anwendbarkeit einer ohnehin bestehenden gesetzlich 
unbefristeten Kündigung beruht, so befalst sich die folgende Erörterung 
vorläufig allein mit der durch Gesetz verliehenen unbefristeten Kün- 
digung; aber der dabei hauptsächlich zu besprechende Punkt ist ihre 
Ausdehnung durch Privatdisposition. Diese unbefristete Kündigung 
zeigt Unterschiede nach den Personen, welchen, nach der Zeit, in 
welcher , und nach den Voraussetzungen, unter welchen sie zusteht. 
Nach den Personen verschieden ist sie, indem sie je nach dem 
Arbeitsverhältnis bald beiden Parteien, bald nur einer eingeräumt ist. 
So finden wir beide Parteien vom Gesetz mit unbefristeter Kündigung 
1 Ausnahme in BGB. $ 623 Satz 1, vgl. 8 620 Abs. 2. 
2 Wenn in GewO. $8 1283. 124. 1242, 183% die unbefristete Kündigung 
für statthaft erklärt wird „vor Ablauf der vertragsmälsigen Zeit“, so ist damit 
nicht eine „vertragsmäfsige Zeit“ (S. 541/42) als Voraussetzung erklärt, sondern 
gemeint, dafs jene Kündigung um so mehr bei Unbestimmtheit der Ver- 
tragszeit zulässig sei. Diese Anwendbarkeit der unbefristeten Kündigung ist 
auch nie bezweifelt worden. Ebenso ist zu schliefsen, dafs die in HGB. 
$ 422 Abs. 2 dem Lagerhalter „vor dem Ablaufe der Lagerzeit und. ohne 
Einhaltung einer Kündigungsfrist“ gegebene unbefristete Kündigung auch bei 
unbestimmter Lagerzeit statthaft ist. 
3 Den Ausdruck „Kündigungsrecht“ gebraucht BGB. $ 1358 Abs. 2, 
„Recht zu kündigen“ 8 675. Von Grund, der zur Kündigung ohne Ein- 
haltung einer Kündigungsfrist „berechtigt“, sprechen HGB. 88 71. 77. Mit 
Bezug auf den Auftrag spricht von „Kündigungsrecht“ BGB. 8 671 Abs. 3.
	        
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