Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

610 IV. Abschn. Vertragszeit. 6. Kap.: Unbefristete Kündigung. 
Berechtigten obliegenden Sorge für die Person des Kindes oder 
Mündels enthalten ist!'. — Im voraus auf das beim Tode des Lehr- 
herrn im Handelsgewerbe zustehende: Kündigungsrecht (HGB. $ 77 
Abs. 4) verzichten, wäre auf Lehrlingsseite eine Preisgabe der In- 
teressen, die das Recht nicht sanktionieren kann. — Im Lehr- 
verhältnis bedeutet die Probezeit beiderseitiges Recht unbefristeter 
Kündigung. Dafs in HGB. 8 77 Abs. 2. GewO. 8 127b Abs. 1: nur 
der Vereinbarung einer längeren Probezeit gedacht, und die ein 
Maximum überschreitende für nichtig erklärt ist, gestattet nicht den 
Schlufs, dafs das Minimum beliebig und die unbefristete Kündigung 
entziehbar ist, sondern nur den, dafs beides gar nicht in Frage 
kommen kann ®. 
Von den unter Nr, 3 (S. 608) gedachten Fällen — bei denen, 
wenn die unbefristete Kündigung wegbedungen wird, eine anderweitige 
Kündigung übrig bleibt — kommt eine Gruppe mit dem durch HGB. 
$ 545 (S. 608) entschiedenen darin überein, dafs die unbefristete 
Kündigung den Entzug einer Vertrauensstellung zur Folge hat. Darum 
kann der Kündigungsberechtigte sich nicht im voraus seines Rechts 
begeben. Dies gilt von dem Schiffseigner gegenüber Schiffer und 
Schiffsmannschaft in der Binnenschiffahrt und den entsprechenden 
Personen in der Flößerei®, vom Arbeitgeber im Vertrauensdienst- 
verhältnis des bürgerlichen Rechts (BGB. $ 627 Abs. 1) und von 
denjenigen, welche jemanden zum Korrespondentrheder, zum Vereins- 
vorstand, zum Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft u. dgl. 
bestellt haben*. — Bei einer zweiten Gruppe handelt es sich zwar 
nicht um eine Vertrauensstellung, allein es kann die von Rechts wegen 
verbleibende ordentliche Kündbarkeit gegebenenfalls von Vertrags 
wegen fehlen, indem die Parteien nach dem Zweck oder der Be- 
ı Bloch, Der kaufmännische Lehrvertrag (1898) S. 21, vgl. Opet, Ver- 
wandtschaftsrecht S. 217. 
2? Von vertraglicher Entziehung des dem Ehemann nach BGB. 8 1358 
zustehenden Rechts unbefristeter Kündigung eines Arbeitsverhältnisses seiner 
Frau kann nicht die Rede sein. Nicht wegen der familienrechtlichen Basis 
dieser Befugnis, sondern weil der Maun, der im voraus auf die Kündigung 
verzichten würde, damit seine Zustimmung zur Verpflichtung seiner Frau er- 
teilen würde; durch diese Zustimmung wird aber das Kündigungsrecht aus- 
geschlossen. 
® BiSchG. 8 20 Abs: 6. 8 25 Abs. 4. FIG. 8 16 Abs. 4. $ 21 Abs. 3. 
* HGB. 8 492 Abs. 2. 8 281 Abs. 3 (S. 296) BGB. 827 Abs. 2 (S. 249?) 
Genossenschaftsges. $ 24 Abs. 3. Ges. betr. die Gesellschaften m. b. H, $ 38 
Abs. 1,
	        
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