Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

614 IV. Abschn. Vertragszeit. 6. Kap.: Unbefristete Kündigung. 
Insbesondere kann die in GewO. $-123 Abs. 2, 8 124 Abs. 2 bestimmte 
einwöchige Frist zur Abgabe der Kündigung nicht durch Privat- 
disposition ausgedehnt werden. Dem versöhnenden Einfluls der Zeit 
ist hier eine rechtliche Kraft beigelegt, die von den Parteien nicht 
beseitigt oder auch nur vertagt werden soll!. 
V. Es hat sich unter Nr. II gezeigt, dafs die unbefristeten Kün- 
digungen der Gesetze bald freistehen, bald sachlich beschränkt, 
nämlich an Voraussetzungen geknüpft sind, die nicht zum Arbeits- 
verhältnis der Zegebenen Art gehören... Hiernach fragt sich zunächst, 
ob das nach dem Gesetze freie Kündigungsrecht. durch Privat- 
Jisposition an gewisse Voraussetzungen gebunden werden könne. 
Über diese Möglichkeit‘ sprechen sich die Quellen wieder nur wenig 
aus. Nach BGB. $ 27 Abs. 2 Satz 1 ist die Bestellung des Vorstandes 
eines Vereins „jederzeit widerruflich?“. Dafs hiermit nicht blo( zeit- 
liche, sondern auch sachliche Unbeschränktheit der Kündigung gemeint 
ist, ergiebt sich aus Satz 2, der die Möglichkeit bejaht, das Kün- 
digungsrecht an eine gewisse Voraussetzung zu knüpfen. Wo solche 
sachliche Beschränkung durch die Satzung zugelassen wird, teilt sie 
sich dem Anstellungsvertrag mit, den wir als Arbeitsvertrag voraus- 
setzen (S. 249?). Ebenso ist nach dem Gesetz betr. die Gesellschaften 
m. b. H. $ 38 Abs. 1 die Bestellung zum Geschäftsführer „jederzeit“ 
widerruflich, aber Abs. 2 gestattet dem Gesellschaftsvertrag, den 
Widerruf sachlich zu beschränken, und eine solche Beschränkung 
teilt sich dem Anstellungsvertrag mit®*. Gemäfs diesen zwei Gesetzen 
ı Mufs doch auch in den Fällen, in denen das Gesetz ohne zeitliche 
Limitierung die unbefristete Kündigung aus wichtigem Grunde gewährt, der 
Länge der Zeit, die seit dem Eintritt des Grundes verflossen ist, Rechnung 
getragen werden, indem der Grund mit der Zeit’ an Gewicht verliert oder 
in der Unterlassung seiner Geltendmachung ein Verzicht zu erblicken ist: 
S. 618 zu HGB. 872. Auch die Kündigung aus einem der in GewO. $8$ 133°. 1334 
angeführten Gründe ist nach $ 183b zulässig nur, wenn der Grund ein „nach 
den Umständen. des Falles die Aufhebung rechtfertigender“ ist, und diese 
Rechtfertigung kann von der erwähnten Länge der Zeit abhängen. Vgl. 
Entsch. des Reichsgerichts in Civilsachen 38, 314. S. auch BGB. 8 626, „wenn 
ein wichtiger Grund vorliegt“, nicht „vorgelegen hat“; er mufs also noch zur 
Zeit der Kündigung als wichtiger Grund vorliegen. 
* „sofern nicht ein Sonderrecht auf Führung der Vorstandsgeschäfte be- 
steht“: Loewenfeld in Staudingers Kommentar zu BGB. 8 27 unter I, 7. 
Solches Sonderrecht gründet sich nicht auf den Anstellungsvertrag. Wegen 
des Sonderrechts 8. 1. c. zu $ 35. 
* „Im Gesellschaftsvertrage kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den 
Fall beschränkt werden, dafs wichtige Gründe denselben notwendig machen.
	        
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