Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

36 I. Abschn. 1. Kap.: Begriff und Terminologie. 
außerhalb des Gegensatzes von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit 
der Verwahrung. — Der Testamentsvollstrecker leistet Arbeit: Aber 
es ist nicht wesentlich, dals er sie gegen Entgelt leistet (BGB. $ 2221), 
and obwohl er sein „Amt“ nicht hat ohne Annahmeerklärung ($ 2202), 
so beruht doch sein Rechtsverhältnis nicht auf einem Vertrag: weder 
mit dem Erblasser, noch mit dem Nachlafsgericht, noch mit den Erben hat 
er einen Vertrag geschlossen *. — Unzweifelhaft liegt ferner unser Arbeits- 
vertrag nicht vor bei der Arbeit, die geleistet wird von den Revi- 
soren, die den Hergang der Gründung ‚einer Aktiengesellschaft zu 
prüfen und darüber zu berichten haben”, von den Revisoren einer 
Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft, die deren Einrichtung und 
Geschäftsführung zu prüfen haben ®, von den Kommissaren, welche die 
staatliche Beaufsichtigung der Hypothekenbanken ausüben, und von 
den Treuhändern der Hypothekenbanken*. In diesen Fällen stehen 
zwar Arbeit und Entgelt einander gegenüber, aber diese Leistungen 
sind von denen, welchen sie obliegen, nicht durch gegenseitigen Ver- 
trag vereinbart worden, indem namentlich die Vergütung an eine 
Person zu entrichten ist, deren Arbeit nicht der Vergütungspflichtige 
sich ausbedungen hat: er hat sie einem Gläubiger zu entrichten, den 
ain Dritter zur Arbeit bestellt hat. — Endlich ist auch die Anordnung 
and Übernahme einer Vormundschaft oder einer Pflegschaft kein 
Arbeitsvertrag. Allerdings sind die Sorge für die Person des Mündels 
oder Pfleglings, seine Erziehung und Körperpflege, wie die Sorge für 
sein Vermögen oder die Geldanlegung Arbeitsleistungen, die in einem 
Arbeitsvertrag vereinbart werden können und oft vereinbart werden. 
Auch wäre es möglich anzunehmen, dals der Vormund, indem er 
„durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vor- 
mundschaft“ vom Vormundschaftsgericht bestellt wird (BGB. $ 1789), 
dem Gericht damit diese Führung, also jene Arbeiten zusage, und 
jafßs durch die Annahme dieser Zusage ein Vertrag geschlossen werde. 
Indessen kann von einem gegenseitigen Vertrage sicherlich nicht die 
Rede sein, denn die Vormundschaft und ebenso die Pflegschaft wird 
unentgeltlich geführt: ($8 1836, 1915). Wenn das Vormundschafts- 
gericht, wie es kann, eine Vergütung und damit einen Entgelt be- 
willigt, so wird damit doch keine verbindlich sein sollende Zusage 
abgegeben, da ja die Vergütung jederzeit für die Zukunft geändert 
oder entzogen werden kann. Hierdurch ist die Annahme eines 
1 Übereinstimmend Isay, Geschäftsführung (1900) S. 17. 18. 
? HGB, 88 192—194. 
? Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften $$ 51—862. 
Hypothekenbankgesetz 88 29—34. 36.
	        
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