Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

628 IV. Abschn. Vertragszeit. 6. Kap.: Unbefristete Kündigung. 
ihre Modifizierbarkeit gesagt worden ist, soll hier nicht wiederholt 
werden. 
Indessen haben wir bereits bemerkt (S. 626 unten), dafs die im Vor- 
stehenden geäufserte Auffassung der durch Privatdisposition begründeten 
Unbefristetheit ihr juristisches Wesen nicht erschöpft, Es genügt schon 
eine geringe Bekanntschaft mit den wirklichen Vorgängen, um zu er- 
kennen, dafs Parteien, welche die Befristung ausschließen, damit 
nicht gemeint sind, ein ihnen bereits zustehendes Recht unbefristeter 
Kündigung zu erweitern, sondern ein ihrer befristeten Kündigung 
anhaftendes Hemmnis der Wirkung abzustreifen. Nicht Ausdehnung 
einer unbefristeten, sondern Entfiristung einer befristeten Kündigung 
schwebt ihnen als Ziel vor. Den Effekt sofortiger Endigung des 
Arbeitsverhältnisses hat freilich die unbefristete Kündigung immer, 
ohne Unterschied der Disposition, durch die sie ihre Anwendbarkeit 
erlangt, d. h. einerlei, ob sie von gesetzlicher oder von privater Ver- 
fügung herrührt; nur ihre Voraussetzungen und damit ihr Anwendungs- 
gebiet sind verschieden. Wenn danach die zuerst vorgetragene Auf- 
fassung, wie noch zu zeigen, nicht erschöpfend ist, indem erweiterte 
unbefristete. und. entfristete Kündigung nicht kongruent sind, und 
wenn jene Auffassung überdies nicht der Parteiintention entspricht, so 
mufs die private Verleihung der unbefristeten Kündigung hier auch 
noch für sich behandelt werden. Sie kommt nunmehr zur Sprache 
als Modifikation nicht der gesetzlich unbefristeten, sondern der gesetz- 
lich‘ befristeten Kündigung. 
Von diesem Standpunkt erhebt sich zuerst die Frage, ob die 
Rechtssätze, welche die gesetzliche Kündigungsbefristung regeln, auch 
in dem Grad nachgiebig seien, dafs sie die Ausschliefsung jeglicher 
Befristung zulassen!. Diese Frage mufls man bejahen mit dem, dünkt 
uns, selbstverständlichen Vorbehalt, dafs, insoweit Ungleichheit der 
Parteien bei privater Gestaltung der Kündigungsfrist unstatthaft ist, 
auch die Ausschliefßung der Kündigungsfrist nicht blofßs für eine 
Partei erfolgen kann: denn dies würde die äußerste Imparität ergeben ?. 
Das Gegenteil der in Kap. 5 Nr. VIIL IX behandelten Frage. 
2? Es giebt jedoch ein paar Fälle, in denen befristete Kündigung nur 
einer Partei zusteht, wo daher die Entfristung sich nur auf eine Partei be- 
ziehen kann. Den einen bietet HGB. $ 422 Abs. 1 Satz 2: der Lagerhalter 
kann bei unbestimmter Lagerzeit nur mit einmonatiger Frist kündigen. Wird 
diese Befristung wegbedungen, so wird dadurch der Lagerhalter hinsichtlich 
der Kündigung dem Einlagerer gleichgestellt, wogegen nichts eingewandt 
werden kann. — Einen anderen Fall bietet BGB. 8 624. Die hier zulässige 
befristete Kündigung ist eine exceptionell zu Gunsten des Arbeitnehmers 
zugelassene. Sie steht ihm nach fünf Jahren der Vertragszeit zu, während
	        
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