IV. Abgrenzung vom Gesellschaftsvertrag. 37
Arbeitsvertrags ausgeschlossen. In BGB. $ 832 wird derjenige,
welcher die Führung der Aufsicht über eine minderjährige oder sonst
wegen ihres Zustandes :aufsichtsbedürftige Person durch Vertrag
übernimmt, von demjenigen unterschieden, welcher kraft Gesetzes
zu solcher Aufsichtsführung verpflichtet ist. Es kann nicht zweifel-
haft sein, dafs zur letzteren Art der Vormund und der Pfieger ge-
hören. ‚Das BGB. führt deren Verpflichtung nicht auf einen
Vertrag zurück!. Wenn es die Vormundschaft und die Pflegschaft
als etwas hinstellt, das vom Vormundschaftsgericht „anzuordnen“ ist,
30 bleibt kein Raum für Vertragschliefsung. Hingegen wäre aller-
dings mit einem Vertragsverhältnis vereinbar, dafs die Übernahme der
Vormundschaft gesetzliche Pflicht ist, und dafs deren Erfüllung, sowie
die Befolgung von Anordnungen des Vormundschaftsgerichts durch
öffentliche Strafen erzwungen werden kann ($8 1785, 1788, 1837).
Denn man kann zur Eingehung eines Arbeitsvertrags gesetzlich ver-
pflichtet sein (Kapitel 6 Nr. V), und die Vollziehung eines Arbeits-
vertrags kann durch öffentliche Strafen garantiert sein”. „Anord-
nungen“ kommen auch in den durch Arbeitsvertrag begründeten Ver-
hältnissen vor3.
IV. Der gegenseitige Vertrag, der ein Arbeitsvertrag ist, unter-
scheidet sich von anderen gegenseitigen Verträgen durch die in ihm
vereinbarten Leistungen, welche Arbeit und Entgelt sind.
Hierdurch unterscheidet sich der Arbeitsvertrag zuvörderst vom
Gesellschaftsvertrag. Dieser Unterschied ist unabhängig davon,
ob man im Gesellschaftsvertrag einen gegenseitigen Vertrag erblickt.
Die Möglichkeit, ihn als solchen zu betrachten, wird durch den den
„gegenseitigen Vertrag“ behandelnden Titel des BGB. (8$ 320—327)
nicht ausgeschlossen. Und wenn 8 705 sagt: „durch den Gesell-
schaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig“, so wird
durch diese Ausdrucksweise jene Betrachtung nahe gelegt. Indessen
finden wir in Lehrbüchern des bürgerlichen Rechts den gegenseitigen
Vertrag so definiert, daß er den Gesellschaftsvertrag nicht einbe-
greifen kann. Denn z. B. nach Endemann I, $ 124 beruhen die
gegenseitigen Schuldverträge „auf dem Austausch wechselseitiger
‘ So auch Isay, Geschäftsführung S. 16. 17.
So die des Heuervertrags: Seemannsordnung $$8 81. 84. 86.
* BGB. 8 618 Abs. 1: „Dienstleistungen, die unter seiner (des Dienst-
berechtigten) Anordnung vorzunehmen sind.“ GewO. 8 121: „Gesellen und
Gehülfen sind verpflichtet, den Anordnungen der Arbeitgeber . .. Folge
zu leisten.“ -