Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IX. Entfristete und gesetzlich unbefristete Kündigung. 633 
Arbeitsverhältnis fristlos zu endigen, wird hierdurch in ihrer Wirk- 
samkeit, mit nichten auch in ihren Voraussetzungen alteriert. Wird 
also durch Übereinkunft die Befristung wegbedungen, so kann zwar 
mit dem Effekt alsbaldiger Endigung gekündigt werden, wie wenn 
in Anwendung des gesetzlichen Kündigungsrechts etwa aus einem 
wichtigen Grunde gekündigt würde. Wo aber mangels dieser oder 
einer anderen gesetzlichen Voraussetzung die gesetzlich unbefristete 
Kündigung nicht statthaft wäre, ist die entfristete Kündigung an- 
wendbar nur, wenn es auch die befristete sein würde, nämlich nur 
bei unbestimmter Vertragszeit. Mit anderen Worten: wo temporäre 
Unkündbarkeit durch hierauf gerichtete Vereinbarung oder Gesetz, 
durch natürliche Begrenzung oder vertragliche Endbestimmung be- 
gründet worden ist, da ist regelmäßig wie die befristete so auch die 
entfristete Kündigung ausgeschlossen, während die gesetzlich unbefristete 
durch solche Unkündbarkeit nicht behindert wird!. Diese Differenz 
hängt damit zusammen, dafs die entfristete eine ursprünglich befristete, 
nur durch Privatdisposition der Befristung entkleidete ist. Ist 
doch selbst die ordentliche unbefristete Kündigung, welche BGB. 
8 623 Satz 1 gewährt, nach $ 620 Abs. 2 ebenso wie die ordentlichen 
befristeten Kündigungen (88 621. 622) an die Voraussetzung gebunden, 
dafs „die Dauer des Dienstverhältnisses weder bestimmt noch aus der 
Beschaffenheit oder dem Zwecke der Dienste zu entnehmen ist“ 
Ist ferner zwar die Kündigungsfrist ausgeschlossen, aber die 
Kündbarkeit so geregelt worden, dals die Kündigung nur an einem 
gewissen Tag (z. B. Zahltag) erfolgen kann, so ist diese vertragsmäfsig 
unbefristete Kündigung trotz ihrer Unbefristetheit nur an jenem Tage 
möglich, während die gesetzlich unbefristete auch außer dieser Zeit 
ergehen kann, wenn sie freisteht oder ihr Grund gegeben ist*. — 
Wer gemäfs dem Vertrag unbefristet kündigen könnte und mit Frist 
1 z, B. hat nach BiSchG. 820 Abs. 4. $ 25 Abs. 2 der Schiffer wie der Schiffs- 
mann in der Binnenschiffahrt nach Antritt einer Reise die Pflicht, „bis zur 
Beendigung der Reise und zur Entlöschung des Schiffes im Dienste zu bleiben, 
es sei denn, dafs ein den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorhanden 
ist“. Ohne solchen Grund kann er, auch wenn (wie nach $ 20 Abs, 2. 8 25 
Abs. 1 möglich: S. 629) die Befristung durch Übereinkunft ausgeschlossen 
worden ist, in jener Zeit gesetzlicher Unkündbarkeit nicht unbefristet kündigen. 
a Wenn es in HGB. 8 67 Abs. 2 und GewO. 8 1332 Abs. 2 heifst: „Die 
Kündigung kann nur für den Schlufs eines Kalendermonats zugelassen werden,“ 
zo gilt dies nach Wortlaut und Stellung dieser Vorschrift nicht blofs von 
befristeter Kündigung. Sollte Entfristung zulässig sein, so bliebe die Kün- 
digung doch an den durch Abs. 2 vorgeschriebenen Termin gebunden.
	        
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