660 V. Abschn. Naturalvergütung. 1. Kap.: Naturalverg. in den Gesetzen.
In die häusliche Gemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen ist
der Arbeitnehmer, wenn er von jenem unter das Dach auf-
genommen ist, unter welchem der Arbeitgeber wohnt. Er
braucht nicht dessen Wohn- oder Schlafraum zu teilen. Auch
wenn er auf einem anderen Flur oder Stockwerk wohnt, falls nur
der ihm überlassene, unter dem Dach des Arbeitgebers befindliche
Schlafraum unter der rechtlichen Verfügung des Arbeitgebers steht,
ist häusliche Gemeinschaft gegeben.
Die Gewährung von Wohnung an den Arbeitnehmer kann
Naturalvergütung sein, ohne dafs sie Aufnahme in die häusliche
Gemeinschaft ist. Wie also nicht jede Aufnahme in die häusliche
Gemeinschaft eine Naturalvergütung mittelst Wohnung (S. 657), so ist
auch nicht jede solche Naturalvergütung eine Aufnahme in die häus-
liche Gemeinschaft. Wenn nämlich der Arbeitnehmer zwar in einem
zur rechtlichen Verfügung des Arbeitgebers stehenden, d. h. diesem
irgendwie (eigentümlich oder mietweise) gehörenden Raume, aber
nicht unter demselben Dache wie der Arbeitgeber wohnt, so ist
damit allein nicht die häusliche Gemeinschaft gegeben, welche BGB.
8 617 voraussetzt. Gleichgültig ist dabei, ob die dem Arbeitnehmer
eingeräumte Schlafstätte auf dem nämlichen Grundstück wie die des
Arbeitgebers belegen oder von diesem durch ‚fremden Boden ge-
trennt ist. Solche Gewährung von Wohnung als Naturalvergütung,
ohne dafs damit Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft stattfindet,
ist nicht blofs in der Landwirtschaft ungemein verbreitet — indem
sog. kontraktlich gebundene Arbeiter und Wanderarbeiter bald in
Gutswohnungen, bald in Arbeiterkasernen untergebracht werden? —,
sondern auch in der Industrie nicht selten, indem Fabrikanten ihren
Arbeitnehmern Baracken, Logierhäuser, mietfreie Wohnungen über-
jassen?, was alles zwar Naturalvergütung, aber keineswegs Aufnahme
in die häusliche Gemeinschaft ist.
Nur dann‘ kann (nach S. 658/59) trotz Schlafens unter zweierlei
Dach von Aufnahme des Arbeitnehmers in die häusliche Gemeinschaft
* Wenn es bei Planck, Komm. zu BGB. 8 617, heifst, es sei „nicht
allein genügend, dafs der Dienstpflichtige mit dem Dienstherrn in einem
Hause wohnt“, so ist dies insofern richtig, als mit solchem Wohnen noch nicht
Gewährung der Wohnung durch den Dienstherrn gegeben ist.
? Auch von den als ländliche Dienstboten geltenden Arbeitnehmern
wohnen viele, die nicht des Arbeitgebers Person oder Haus, sondern seine
Tiere zu besorgen haben, nicht unter einem Dache mit demselben.
® z. B. Bayr. Fabrikinsp. f. 1897 S. 298/99. Kommission f. Arbeiter-
statistik, Verhandlungen Nr. 11 S. 29.