Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

562 V. Abschn. Naturalvergütung. 1. Kap.: Naturalverg. in den Gesetzen. 
Gesetze an seine Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft knüpfen. 
Worin aber hier diese zu erblicken sei, ist nicht leicht zu sagen. Man 
könnte den Arbeitnehmer einer juristischen Person, der in die häus- 
liche Gemeinschaft ihres Vorstandes aufgenommen ist, als in die 
der juristischen Person aufgenommen betrachten, womit nichts ent- 
schieden wäre für denjenigen Arbeitnehmer, der selbst Vorstand der 
juristischen Person ist und in deren Hause freie Wohnung hat. Man 
könnte ferner auch denjenigen Arbeitnehmer als der häuslichen 
Gemeinschaft teilhaftig ansehen, welcher in einem für die juristische 
Person verfügbaren, ihm überlassenen Raume wohnt und in einem 
von der juristischen Person gewährten Raume durch dieselbe be- 
köstigt wird!. Zwar ist anzuerkennen, dafs damit häusliche Gemein- 
schaft unter Voraussetzungen angenommen wird, die beim physischen 
Arbeitgeber nicht ausreichen. Allein wenn jene Gemeinschaft bei 
juristischen Personen nicht ausgeschlossen sein soll, so ist eine 
zewisse Inkonsequenz der Natur der Sache nach unvermeidlich. — 
In unserem $ 617 wird die Naturalvergütung nur dadurch er- 
wähnt, dafs der Aufnahme des Arbeitnehmers in die häusliche Gemein- 
schaft gedacht ist, was Naturalvergütung sein kann (S. 657). Da- 
xegen „die erforderliche Verpflegung und ärztliche Behandlung “, 
welche dem in die häusliche Gemeinschaft aufgenommenen Arbeit- 
nehmer (eines Dienstverhältnisses gewisser Art) im Fall der Erkran- 
kung vom Arbeitgeber zu gewähren ist, bildet, so wie diese Leistung 
im BGB. bestimmt ist, nicht eine Naturalvergütung (S. 1621). Zwar 
hat sie mit solcher Naturalvergütung gemein, dafs sie regelmäfsig 
während des Arbeitsverhältnisses gewährt wird. ‚Allein, sie ist von 
der Naturalvergütung dadurch wesentlich verschieden: 
1. daß sie keine „vereinbarte Vergütung“ ($ 611), auch keine 
„stillschweigend vereinbarte“ ($ 612) ist: der Verpflichtung zu dieser 
Leistung braucht keine Bestimmung des Vertragsinhalts zu ent- 
sprechen (S. 242. 244), und wie sie nicht im Vertrag vorgesehen zu 
sein braucht, so kann sie „nicht im voraus durch Vertrag aufgehoben 
1 Danach würde z. B. der in einer sog. Arbeiterwohnung einer Fabrik 
wohnende Arbeiter damit nicht in die häusliche Gemeinschaft der die Fabrik 
betreibenden Aktiengesellschaft aufgenommen sein, ebensowenig der in der 
Speiseanstalt dieser Fabrik speisende; wohl aber derjenige, bei dem beides 
zugleich zutrifft, S. z. B. die Einrichtungen der badischen Anilin- und Soda- 
fabrik bei Vorster, Die Grofsindustrie (1896) S. 12. — Zürn, Handb. des 
preufs. Gesinderechts (1895) S. 6, erörtert die Möglichkeit des Gesindeverhält- 
nisses gegenüber juristischen Personen, eine Frage, die mit der im obigen 
Textgestellten nicht zusammenfällt. aber benachbart ist. Gewerbegericht VII 95.
	        
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