Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

VI. Nichterwähnung in GewO., BiSchG. 673 
liche Arbeitsvertrag ein Dienstvertrag ist, und wenn der Arbeitnehmer 
in die häusliche Gemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen worden 
ist, was. ja Gewährung von Naturalvergütung sein kann, so finden die 
Vorschriften der $$ 617. 618 Abs. 1. 2 BGB. Anwendung. Ein 
Hinweis auf häusliche Gemeinschaft braucht in GewO, $ 121 nicht ent- 
halten zu sein!. Denn mit den „häuslichen Einrichtungen“ des 
Arbeitgebers können die Arbeitnehmer in Berührung kommen und 
Anlafs zu „häuslichen Arbeiten“ können sie erhalten, ohne dafs sie 
Quartier oder Kost vom Arbeitgeber enipfangen. In 8 127 hingegen 
hat die GewO. ganz deutlich die häusliche Gemeinschaft vor Augen, 
indem sie von Lehrlingen spricht, „welche im Hause des Lehrherrn 
weder Kost noch Wohnung erhalten“, und im übrigen eine Pflicht des 
Lehrherrn aufstellt, die ohne Voraussetzung jener Gemeinschaft nicht 
aufgestellt werden würde?. Allein die Verabreichung von Kost oder 
Wohnung kann eine seitens des Lehrlings pekuniär entgoltene sein, 
und ferner braucht der Lehrling nicht im Verhältnis eines Arbeit- 
nehmers zum Lehrherrn zu stehen. Wo, wie nicht selten, eines oder 
das andere der Fall ist, kann die Aufnahme in die häusliche Gemein- 
schaft des Lehrherrn nicht Naturalvergütung sein. 
Unerwähnt bleibt die Naturalvergütung auch im BiSchG., obwohl 
Schiffer und Schiffsmannschaft in der Binnenschiffahrt nicht selten 
neben der Geldvergütung vertragsmäfsig Nahrung und Unterkunft auf 
dem Schiffe erhalten®. Nach dem BiSchG. ist das Arbeitsverhältnis 
der gedachten Personen ein Dienstverhältnis*. Wenn daher in jener 
Gewährung von Kost .oder Unterkunft eine Aufnahme in die häus- 
liche Gemeinschaft des Arbeitgebers (der hier mitunter eine juristische 
Person ist) erblickt werden kann, so sind die vorhin erwähnten Vor- 
schriften des BGB. anzuwenden. — 
Wo in Reichsgesetzen mit Bezug auf Arbeitsverträge der Aus- 
druck „Vergütung“ vorkommt, umfafst er regelmäfsig, auch ohne dafs 
dies hervorgehoben wird (wie in BeschlG. $ 3), die Naturalvergütung 
nicht minder als die Geldvergütung®. Und was in diesen Gesetzen 
+ „Gesellen und Gehülfen sind verpflichtet, den Anordnungen der Arbeit- 
geber in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die häus- 
lichen Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht 
verbunden.“ 
? „Er darf dem Lehrlinge die . .. zum Besuche des Gottesdienstes an 
Sonn- und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit nicht entziehen.“ 
3 Kommission für Arbeiterstatistik, Verhandlungen Nr. 17 S. 26. 32. 
4 z. B. 8 20 Abs. 2—5, $ 25 Abs. 1. 4. 8102 Nr. 2. $ 117 Nr. 2. 
5 Dies gilt z. B. von BGB. 88 27. 196 Nr. 7. 611. 612. 614—617. 621. 623. 
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 4?
	        
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