Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

I. Naturalleistung überhaupt. II, An Erfüllungsstatt, 677 
Geldleistung zum Gegenstand. Auch wo nach dem Arbeitsvertrag der 
Arbeitgeber alternativ entweder eine Geldleistung oder eine Natural- 
leistung zu machen hat, hat seine Verbindlichkeit so gut die Natural- 
leistung als die Geldleistung zum primären Gegenstand. Die Natural- 
leistung ist daher auch hier nicht Leistung an Erfüllungsstatt. Nach 
BGB. $ 263 Abs. 2 gilt bei der Alternativobligation „die gewählte 
Leistung als die von Anfang an allein geschuldete“. 
Die Leistung an Erfüllungsstatt ist regelmäßig Sache freier 
Übereinkunft von Gläubiger und Schuldner!. Diese Regel erleidet 
Einschränkungen und Ausnahmen bei folgenden Arbeitsverträgen : 
I. Beim Dienstvertrag können nach BGB. $ 617 die Kranken- 
pflege und ärztliche Behandlung, die der Arbeitgeber dem kranken 
Arbeitnehmer zu gewähren hat, an die Stelle der für die Zeit der 
Krankheit geschuldeten Geldversütung treten, auch ohne Einwilligung 
des Gläubigers, d. i. des Arbeitnehmers (S. 663). 
2. Nach HGB. 8 666 hat beim Frachtgeschäft zur Beförderung 
von Gütern zur See der Arbeitgeber (Befrachter) unter Umständen 
das Recht, Behältnisse, die mit flüssigen Waren angefüllt waren und 
während der Reise ganz oder gröfstenteils „ausgelaufen sind“, dem 
Verfrachter für die Fracht an Zahlungsstatt zu überlassen. 
3. Nach AuswG. 8 22 darf dem Auswanderer (dem Arbeitgeber 
im Beförderungsvertrag) nicht die Verpflichtung auferlegt werden, den 
Beförderungspreis oder einen Teil desselben am Bestimmungsort 
durch Arbeit abzuverdienen. Eine solche Leistung an Erfüllungsstatt 
ist, ausgeschlossen. 
4. GewO. 8 115 Abs. 1: „Die Gewerbetreibenden sind ver- 
pflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung zu berechnen 
und bar auszuzahlen.“*? Nicht die Naturalvergütung, 
sondern die Leistung an Zahlungsstatt, wo die Schuld 
Geldschuld ist, verstölßst wider das in diesen Gesetzesworten aus- 
gesprochene Gebot? Es ist daher juristisch verfehlt, zu sagen, die 
Vergütung beim Dienst- wie heim Werkvertrage könne in Geld oder 
1 Demgemäfs HGB. $ 616 Abs. 1: „Der Verfrachter ist nicht verpflichtet, 
die Güter, mögen sie verdorben sein oder nicht, für die Fracht an Zahlungs- 
statt anzunehmen.“ 
2 Wegen der von dieser Bestimmung betroffenen „Gewerbetreibenden“ 
und „Arbeiter“ s. S. 411/12. 
% Dafs mit diesem Gebot auch die Aufrechnung verboten wird, ist 
S. 411—16 dargelegt worden. Der dortigen Auffassung scheint auch Dern- 
burg, Bürgerl. Recht IL $ 309 unter V,1 zu sein („ebenso ist Aufrechnung 
ausgeschlossen“).
	        
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