684 V. Abschn. Naturalvergütung. 2. Kap.: Abgrenzung.
gegen ist die Differenz die allergröfste. Denn im ersten Fall bleibt
das vom Arbeitgeber Aufgewandte in seiner eigenen Vermögens-
sphäre, in seinem eigenen Rechtsbereich!; im zweiten tritt es in die
Vermögenssphäre, in den Rechtsbereich des Arbeitnehmers ein. Ohne
letzteres kann nicht von Entgelt die Rede sein, und nur die-
jenige Naturalleistung, die Entgelt ist, kann Naturalvergütung sein.
Die Naturalvergütung, da sie nicht in den Arbeitsprozeß eingeht,
kann zeitlich und räumlich getrennt von demselben verbraucht werden.
Die anderen hier erörterten Naturalleistungen des Arbeitgebers sind
an den Arbeitsprozefs dermafsen gebunden, dafs sie nur während des-
selben und wo er sich abspielt, verwendbar sind.
IV. Naturalvergütung ist nicht die Wohlfahrtseinrichtung,
d. h. die vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gewährte Teilnahme an
einer solchen, auch wenn damit eine Natural- und nicht eine Geld-
leistung gemacht wird ®.
Eine solche Naturalleistung kann vorab da nicht Naturalvergütung
sein, wo sie für den Arbeitnehmer keine Vermögenszuwendung ist,
wie die Aufnahme seiner Kinder in einen Kindergarten, einen Knaben-
hort, eine Haushaltungsschule u. dgl. Und wo sie eine Vermögens-
zuwendung bildet, könnte höchstens dann von Naturalvergütung
die Rede sein, wenn sie nicht eine gesetzlich oder obrigkeitlich
vorgeschriebene, unabdingbare Leistung ist (vgl. S. 662/63). So
können nach GewO. $ 1204 die Polizeibehörden anordnen, „dafs den
Arbeitern (nämlich den gewerblichen der GewO. Titel VII) zur Ein-
nahme von Mahlzeiten aufßserhalb der Arbeitsräume angemessene, in
der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung ge-
stellt werden“ % Bei bestimmten Fabriken müssen sich nach bundes-
rätlicher Verordnung an geeigneter Stelle „Vorrichtungen zum Erwärmen
der Speisen“ befinden*, In gewissen anderen Betrieben sind „auf
Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde“ den Arbeiterinnen Ein-
1 gerade auch da, wo der Arbeitgeber die Stoffe oder Werkzeuge
kreditiert.
2 Bei Geldleistungen denke man an Pensions- und Unterstützungskassen,
die von Unternehmern zu Gunsten ihrer Arbeiter freiwillig gegründet worden
sind; ferner z. B. an die Zahlungen der Stadt Cannstatt an diejenigen von ihren
Arbeitern, welche wegen zu grofser Entfernung ihre Wohnung in der Mittags-
pause nicht aufsuchen können: Soz. Praxis VII, 672.
3 „Speiseraum“, Danach z. B. RGBIl. 1897 S. 11 88 Abs. 1. 1898 S. 176
8 14, ferner die Polizeiverordnungen zu Gunsten der Bäckerei- und der Bau-
arbeiter in Soz. Praxis VII, 308. 469. VIII, 1084. 1126.
4 RGBI. 18938 S. 213 8 14 Abs. 8.