Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

II. Entnahme aus dem Arbeitsprodukt. 697 
zur Naturalvergütung verwandten Konsumtibilien vom Arbeitnehmer 
als solchem erzeugt, hergestellt worden sind *, so dafs er an ihnen buch- 
stäblich einen Teil seines Arbeitsertrags erhält®*, oder ob sie nicht 
dem Arbeitsergebnis entnommen, sondern anderswoher bezogen sind. 
Im ersten Fall können — weil die Löhnungsmittel frisch ent- 
standen und vorrätig sind, oder etwa nach der Vorschrift, dem Ochsen, 
der da drischt, nicht das Maul zu verbinden — Qualität und Quan- 
tität der Naturalvergütung eher zum Vorteil des Empfängers, des 
Arbeitnehmers, ausfallen, als im zweiten®. | 
Die erstere Gestalt der Naturalvergütung, ihre Entnahme aus 
dem Arbeitsprodukt, weil sie eine wirkliche Beteiligung des Arbeit- 
nehmers am Arbeitsertrag darstellt, eignet sich auch vorzüglich zur 
partiarischen oder Quotallöhnung (S. 165), indem dem Arbeitnehmer 
nicht ein bestimmtes Quantum ohne Rücksicht auf den Umfang des 
Ertrags — z. B. 3 Cigarren, 4 Liter Bier pro Tag, 8 Centner Kohlen 
pro Monat — sondern eine bestimmte Quote des Ertrags gewährt 
wird*. Die Quotallöhnung wird daher bei der in Rede stehenden 
Gestalt der Naturalvergütung am häufigsten angetroffen, besitzt hier 
ihr ältestes Anwendungsgebiet. 
I z. B. das Brot, das der Bäckergehülfe, das Bier, das der Braugeselle, 
die Hausbrandkohlen, die der Kohlenhäuer, die Raucheigarren, die der Wickler, 
die Schafe, die der Schäfer, das Heu, das der Schnitter, das Korn (Lohnkorn), 
das der Drescher, das Mehl, das der Kundenmüller erhält. „Bei der ursprüng- 
lichen und reinen Kundenmüllerei erhält der Kunde das Mehl und die Kleie, 
welche aus dem von ihm zur Mühle gebrachten Getreide gewonnen sind, ab- 
züglich einer bestimmten Quote für den Müller.“ Komm, f. Arbeiterstatistik, 
Erhebungen Nr. 4 8. 15. 8. auch den Setzer oben S. 690% a. E. 
2% In manchen Brauereien wird das Freibier oder der Haustrunk nicht 
blofs Vorarbeitern, Brauern und Mälzern, sondern‘ auch Küfern, Heizern, 
Maschinenführern, Schmieden, Sattlern, Fuhrleuten und den dort beschäftigten 
Taglöhnern verabreicht. . 
3 Vgl. Jentsch, Arbeiterverhältnisse in der Forstwirtschaft des Staates 
S. 80, Christiani, Waldarbeiterverhältnisse auf dem badischen Schwarz- 
walde S. 76, Fiedler, Arbeiterfrage auf dem Lande S. 105. Ganz anders 
wird es bekanntlich bei den Kellnern gehalten; freilich werden von diesen 
die Speisen nur serviert, nicht zubereitet. Vgl. auch noch Francke, Schuh- 
macherei 8. 146: „Es ist kein seltener Fall, dafs in Centren der deutschen 
Sehuhfabrikation, wo Millionen und Millionen von Schuhen jährlich hergestellt 
werden, der ärmere Teil der Bevölkerung barfufs geht, um zu sparen — 
gerade wie in Schlesien, Böhmen und Mähren, wo die Weber, die die Lein- 
wand in enormen Massen erzeugen,.sehr oft nicht ein einziges Hemd besitzen.“ 
4 namentlich Anteil am Erdrusch (z. B. 18., 17., 24. Scheffel, verschieden, 
je nachdem Flegel-, Göpel- oder Dampfmaschinendrusch); der sog. Zehnt- 
schnitt. d. h. der 10. bis 12. Haufen‘ von Getreide, Klee oder Wiesenheu;
	        
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