598 V. Abschn. Naturalvergütung. 4. Kap.: Erwerbsgelegenheit.
Viertes Kapitel.
Erwerbsgelegenheit.
I. Die Erwerbs- oder Verdienstgelegenheit ist nur dann Natural-
vergütung, wenn ihre Gewährung Gegenleistung ist für Arbeit, die
dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer geleistet wird. Bei dieser wie
bei jeder Naturalvergütung, wie auch bei der Geldvergütung ist es
gleichgültig, ob der Arbeitgeber als der erscheint, welchem die
Arbeit geleistet wird, d. h. ob er Empfänger der Arbeit ist (vgl.
S. 106 fg.). Dafs der Arbeitgeber nicht Empfänger der Arbeit zu sein
braucht, verdient bei der Naturalvergütung, die in Erwerbsgelegenheit
besteht, hervorgehoben zu werden; denn bei dieser kommt es oft
vor, dafs der bloße Empfänger der Arbeit auch die vom Arbeitgeber
eingeräumte Erwerbsgelegenheit realisiert und daher scheinbar der
Vergütende ist. So ist der Gast, welcher die dem Wirte als dem
Arbeitgeber geleistete Bedienungsarbeit des Gastwirtsgehülfen em-
pfängt (vgl. S. 97 oben), zugleich derjenige, der diesem das Trink-
geld entrichtet. Zu dem Scheine, dafs hinsichtlich der Arbeit nicht
der Wirt der Arbeitgeber jenes Gehülfen sei, gesellt sich hier noch
der Schein, dafs hinsichtlich der Vergütung nicht der Wirt, der als
Arbeitgeber zur Vergütung verpflichtet ist, Urheber der Vergütung
sei, sondern der Gast. Mit der Zahlung des Gastes, der nicht der
Arbeitgeber ist und nicht namens oder für Rechnung des Arbeitgebers
zahlt, realisiert sich die Erwerbsgelegenheit. die der Wirt seinem
Arbeitnehmer gewährt hat.
Damit: die Erwerbsgelegenheit Naturalvergütung sei, darf mehr
nicht als Erwerbsgelegenheit gewährt werden. Wenn hingegen
einem Handlungsreisenden oder einem Filialvorsteher vom Prinzipal,
in dessen Namen sie kontrahieren, Provisionen der von ihnen ge-
schlossenen Geschäfte oder Prozente der Tageseinnahme als Entgelt
zugesagt sind, so ist damit nicht Naturalvergütung in Gestalt einer
Erwerbsgelegenheit, sondern Geldvergütung zugesagt. Denn die Geld-
zahlungen., die von den dritten Kontrahenten jener Arbeitnehmer aus
Getreidemähen um die Mandel, den achten Küps (Haufen), die zehnte Stiege;
Roggen, Weizen, Bohnen je 100 Liter vom Hektar; Heuernte zweiter Schnitt
gemäht und gedörrt um !/a oder !/s der Ernte; sämtliche Arbeiten bei Tabak
oder Kartoffeln für die Hälfte des Ertrags: z. B. Verhältnisse der Landarbeiter
1, 412. 4283. II, 86. 89. 106. 124 und an vielen anderen Stellen. III, 15/6. 77/8,
95. 109 und sonst oft. Stieger, Landarbeiterfrage S. 22. Landarbeiter in
den evang. Gebieten I. 75. 95 und sonst.