V. Gelegenheit zum Erwerb von Lebensmitteln. Landnutzung. 709
oder als Arbeitnehmer zu gelten habe, ob Pacht oder Arbeitsverhältnis
anzunehmen sei, braucht hier nur hingedeutet zu werden. Ebenso sei
nur im Vorbeigehen bemerkt, dafs der Kellner als Pächter nicht den
Versicherungsgesetzen unterstehen! und nicht durch BGB. $ 655 gegen
Übervorteilung dureh Stellenvermittler geschützt sein würde (S. 173).
V. Die zweite der S, 702 unterschiedenen Erwerbsgelegenheiten
ist die Gelegenheit zum Erwerb von Lebensmitteln, d. h. Kon-
sumtibilien außer Geld. Diese Erwerbsgelegenheit wird,. weil sie
meistens* durch Überlassung von Land zur Nutzung oder Bewirt-
schaftung gewährt wird, in einem AReichsgesetz als „Landnutzung“
bezeichnet*. Wenn diese Landnutzung daselbst neben Wohnung,
Feuerung, Nahrungsmitteln und Kleidung in einer Reihe genannt und
mit diesen zu den Naturalbezügen oder Naturalleistungen gerechnet
wird, so besteht doch in dieser Reihe der oben erläuterte Unterschied,
dafs Wohnung u. s. w. der Konsumtion, dagegen die sog. Landnutzung
unmittelbar der Produktion dient, indem auf dem zur Nutzung über-
lassenen Land die Lebensmittel durch den Arbeitnehmer erst noch
zu produzieren sind. Konsumtibilien stellen einen positiven Aufwand
des Arbeitgebers dar, die Landnutzung nicht.
Diese Erwerbsgelegenheit kommt als Naturalvergütung vorzüglich
in der Landwirtschaft, sehr oft auch in der Forstwirtschaft vor*. Wo
jedoch der Empfänger der „Landnutzung“ dafür Geld entrichten mufs,
bildet sie nicht Vergütung für Arbeit, sondern den Gegenstand einer
Pacht®. Häufig finden sich die Stellung des Pächters und die des
ı wogegen das Reichsversicherungsamt solche zahlende Kellner den Ver-
sicherungsgesetzen unterstellt, sie daher mit Recht nicht als Pächter ansieht.
2? Ein relativ unbedeutender, seltener anderer Fall in Blätter f. sociale
Praxis II, 175.
3 Gesetz betr. die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und
forstwirtschaftl. Betrieben beschäftigten Personen (v. 5. Mai 1886) Abschn. A
$ 9, aufgehoben durch Gesetz betr. die Abänderung der UVGG. (v. 30. Juni
1900) $ 1.
4 „Nicht also die theoretisch und praktisch ungeeignete Lieferung von
Lebensmitteln empfiehlt sich, wohl aber die Gewährung der Möglichkeit
für den Arbeiter, einen gröfseren oder geringeren Teil der Nahrung sich
selber zu erzeugen auf einem ihm zur Bewirtschaftung überlassenen Feld-
oder Gartenland.“ Jentsch, Arbeiterverhältnisse in der Forstwirtschaft
Q 78.
5 Pachtverhältnis bei gewerblichen Arbeitern in GewO. $ 115 Abs. 2, wo
den Arbeitgebern gestattet wird, den Arbeitern „Landnutzung gegen die
ortsüblichen Pachtpreise unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu ver-
abfolgen“, Vel. S. 679. 680.