Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

VIX. Realisierung anläfslich des Vertragsvollzugs. 715 
ferner sein, dafs der Arbeitnehmer selber gemäfßs seinem Arbeits- 
vertrag im Namen des Arbeitgebers Arbeits-, Miet- oder Kaufverträge 
abschließt und bei der Vollziehung dieser Verträge vom dritten Kon- 
trahenten Empfangenes gänzlich oder teilweise behalten darf. Einer 
solchen Erwerbsgelegenheit sind teilhaftig in der Gastwirtschaft die 
Gehülfen, welche Zimmer vermieten, Bestellungen aufnehmen, Zahlungen 
leisten und empfangen; im Barbiergewerbe die Gesellen, die „auf 
Kundschaft gehen“, d. h. Kunden in deren Wohnung bedienen‘, 
falls der Kunde nicht direkt mit dem Meister kontrahiert hat; in der 
Kundenmüllerei (S. 181*) die Müllergesellen, die von den Kunden 
Mahlgeld oder auch Trinkgeld empfangen?. — Eine dritte Gruppe 
bilden die Fälle, in denen der Arbeitnehmer als solcher mit Dritten in 
eigenem Namen Verträge abschliefst und, was er dabei an Handels- 
gewinn oder an Trinkgeld erwirbt, als Ertrag der ihm vom Arbeitgeber 
eingeräumten Erwerbsgelegenheit ganz oder teilweise behält. Es ge- 
hören hierher die Droschkenkutscher hinsichtlich des Trinkgeldes und 
manche Gastwirtszehülfen hinsichtlich gewisser Profite. Nicht selten 
nämlich wird den Oberkellnern vom Prinzipal die Gelegenheit gewährt, 
im Gasthof einen Tabakhandel zu betreiben, indem sie die Waren in 
eigenem Namen und zu eigenem Gewinn an die Gäste ihres Arbeit- 
gebers verkaufen. Ferner kommt es oft vor, dafs sie das Büffet oder 
den Keller für eigene Rechnung verwalten, indem ihnen Vorräte an 
Getränken zu einem gewissen Preis vom Arbeitgeber behufs Verkaufs 
an dessen Gäste zur Verfügung gestellt sind*; der Abschluß und der 
Vollzug solcher Verkäufe liegt innerhalb ihrer Arbeitspflicht*, während 
sie den Mehrerlös für sich behalten dürfen. Da sie den Gewinn aus 
ihren Verkäufen ganz behalten, nicht mit dem Wirte teilen, der ihnen 
die Getränke wohl um mehr als die Selbstkosten zur Verfügung stellt, 
so kann man das geschilderte Verhältnis nicht als eine Form der 
Lage des Handwerks IIL,67. VII, 459. 467. 470. VILL, 53. 100. 101. 
IX, 300. 301. Wegen der wöchentlich von solchen Gehülfen dem Prinzipal 
zu machenden Zahlungen (welche eine Einschränkung der für die Woche ge- 
währten Verdienstgelegenheit bilden) nimmt Sanders, Lage des Barbier- 
und Friseurgewerbes 8, 19. 37 Pacht an. Hiergegen die S. 706. 707 gebrauchten 
Argumente. 
* Komm, f. Arbeiterstatistik, Erhebungen Nr. 4 8. 17. 
3 Beispiele in Komm. f. Arbeiterstatistik, Verhandlungen Nr. 16 5. 17. 23. 
25. 37. 42. 45. 54. Wo dem Kellner zu profitieren nicht gestattet ist, ist ihm 
keine Erwerbsgelegenheit eingeräumt. 
4 Sie sind dabei als Arbeitnehmer thätig, weder „selbständige Arbeit- 
geber“ noch „Pächter“, noch „Geschäftsinhaber“, und sie sind auch nicht 
„gegen Tantieme angestellt“, wie a. a. O0. S. 25 angenommen wurde.
	        
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