I. Fragestellung. Ausdrückliche Entscheidung im Arbeitsvertrag. 717
Naturalvergütung für ein Arbeitsergebnis zugesagt ist, da kann die
Entscheidung nicht zweifelhaft sein. So z.B. mufß nach SeemO. 8 12
„aus der Musterrolle erhellen, was dem Schiffsmann für den Tag
an Speise und Trank gebührt“. Oder es wird einem Landarbeiter
als Vergütung versprochen pro Monat ein gewisses Deputat von
Getreide, Kartoffeln. oder Milch, pro Jahr ein gewisses Quantum
Land zu seiner Nutzung, oder pro Jahr zwei Paar Stiefel und ein
Dutzend Hemden*!. Hier sind die Naturalvergütungen deutlich für
Zeitabschnitte versprochen, also dafs nur Zeitlohnvertrag angenommen
werden kann. . Wird umgekehrt dem Landarbeiter als Lohn für die
mit Flegel zu leistende Drescharbeit der vierzehnte Scheffel ver-
sprochen , so ist die Naturalvergütung deutlich nicht für einen Zeit-
abschnitt, sondern für ein gewisses Arbeitsergebnis zugesagt, der Ver-
irag mithin ein Akkord®?.
Eine solche Deutlichkeit der Beziehung der Naturalvergütung
auf die Zeit oder auf den Erfolg der Arbeit wie in ‚diesen Beispielen
ist bei der Festsetzung von Naturalvergütung nicht selten. Allein
vielleicht ebenso häufig wird sie vereinbart, ohne dal die eine oder
die andere Beziehung ausgedrückt wird. Hier ist dann der Natural-
lohn unbestimmt nicht nach Quantität und Qualität (Kap. 7 Nr. II. II),
sondern hinsichtlich seiner Anpassung an das Arbeitsmafßs: die Zeit
oder den Erfolg. Diese bei der Naturalvergütung leicht vorkommende
Unbestimmtheit ist gewöhnlich dort anzutreffen, wo sie in zubereiteter
Kost oder in Wohnung (inner- oder aufserhalb der häuslichen Gemein-
schaft) oder in Gelegenheit zum Geldverdienst, namentlich zum Trink-
zelderwerb, besteht. Möglicherweise freilich wird im Arbeitsvertrag
bestimmt, wie viel Nahrung pro Tag der Arbeitnehmer erhalten oder
dafs ihm die Gelegenheit zum Trinkgelderwerb nur alle drei Tage
zukommen solle, während er Tag um Tag zu arbeiten hat; man
denke an Kellner, die abwechselnd als Zahlkellner fungieren. Allein
meistens wird des Verhältnisses jener Naturalvergütungen zum Arbeits-
mals im Vertrage nicht gedacht, ja nicht selten solcher Vergütungen
überhaupt nicht erwähnt, indem ihre Zusage selbstverständlich ist.
1 z, B. Verhältnisse der Landarb. II, 581: „Jährlich einen halben Morgen
gepflügtes Kartoffelland, 750 Kohlensteine für je ein Vierteljahr.“ III 789:
‚jährlich 7 Neuscheffel Kaff (d. i. Spreu) in gestrichenem Mafse vom Winter-
zorn und der.Gerste“; „zur Feuerung jährlich 9000 Soden Stechtorf und
zwei Fuder Wadelholz.“
2% Ferner z. B. a. a. O. I, 271: „Wiesen- und Kleemähen 6—7,50 Mk.
pro Hektar und 3 Kilo Brot nebst 12 Liter Obstmost.“ „Heu- und Öhmdernte
3,5 Mk. pro Hektar, 3 Kilo Brot und 10 Liter Most.“