Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

732 V.Abschn, Naturalvergütung. 7. Kap.: Vergleichung v.Geld- u. Naturalverg. 
wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. 
In Ansehung der Naturalvergütung kann dieses Herstellen darin be- 
stehen, dafs die Naturalleistung durch den früheren Arbeitgeber erfolgt, 
diesen als ersatzpflichtig vorausgesetzt. Allein es giebt Natural- 
leistungen, die vom ehemaligen Arbeitgeber sich gewähren zu lassen 
unter den vorliegenden Umständen dem früheren Arbeitnehmer nicht 
zuzumuten ist: so Kost und Logis beim Arbeitgeber. Nicht selten 
wird auch dieser jetzt der Naturalleistung abgeneigt sein. Hier mufs 
die entgangene Naturalvergütung in Geld umgesetzt werden. — 
Unter den gesetzlichen Gründen, aus denen die unbefristete 
Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aufserordentlich zulässig ist, be- 
findet sich auch ein mit der Vergütung zusammenhängender. In 
HGB. $ 71 Nr. 2 ist eine hervorragende Naturalvergütung hinsichtlich 
jener Kündigung der Geldvergütung völlig gleichgestellt!. Die in 
$ 62 statuierten Verpflichtungen können sich auf vom Prinzipal zu 
leistende Naturalvergütung beziehen (S. 667), und wieder ist die 
Nichterfüllung dieser Pflichten nach 8 71 Nr. 3 ein Kündigungsgrund ?. 
Nach GewO. 8 124 Nr. 4 können Gesellen und Gehülfen unbefristet 
kündigen, „wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn 
nicht in der bedungenen Weise auszahlt“. Diese Vorschrift bezieht 
sich zwar auf die Geldvergütung, allein sie ist auf die Naturalvergütung 
analog anzuwenden. Der gesetzgeberische Grund trifft zu auch wo 
schuldiger Naturallohn nicht in der bedungenen Weise entrichtet wird. 
Zur Bekräftigung dieser Analogie läfst sich auf HGB. 8 71 cit. sowie 
auf SeemO. $ 61 Nr. 1 verweisen®*. In dem hiernach analog an- 
zuwendenden $ 124 Nr. 4 GewO. ist die „bedungene Weise“, in der 
die schuldige Vergütung zu entrichten ist, nicht auf die ausdrücklich 
bedungene beschränkt. Stillschweigend bedungen ist auch das Übliche 
und das moralisch Gebotene. 
! Als wichtiger Grund zu unbefristeter Kündigung des Handlungs- 
gehülfen gegenüber dem Prinzipal ist anzusehen: „wenn der Prinzipal den 
Gehalt oder den gebührenden Unterhalt nicht gewährt.“ 
? „wenn der Prinzipal den ihm nach 8 62 obliegenden Verpflichtungen 
nachzukommen verweigert.“ 
3 „Der Seemann kann seine Entlassung fordern, wenn sich der Schiffer 
einer schweren Verletzung seiner ihm gegen denselben obliegenden Pflichten, 
insbesondere ... durch grundlose Vorenthaltung von Speise und Trank 
schuldig macht.“ Auch in Gesindeordnungen wird als Grund, aus welchem 
der Dienstbote ohne Kündigungsfrist den‘ Dienst verlassen darf, angeführt, 
dafs der Arbeitgeber die „notdürftige“ oder die „gebührende Kost“, „die Kost 
oder die sonst gebührenden Bedürfnisse“ oder „eine ordnungsmäfsige Schlaf- 
stätte“ nicht gewährt. Oben S. 6743.
	        
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