Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

748 V.Abschn. Naturalvergütung. 7.Kap.:Vergleichung v. Geld- u. Naturalverg. 
legenheit durch Verwendung zu anderen Dienstleistungen nicht ent- 
ziehen“. Der undeutliche Ausdruck „anderen Dienstleistungen“ soll wohl 
besagen: dem Handlungslehrling als solchem nicht obliegenden häus- 
lichen oder aufserhäuslichen Dienstleistungen. Aus dem angegebenen 
Verbot des Gesetzes ist nicht zu schliefßsen auf eine Gestattung der 
Verwendung des Lehrlings zu anderen Dienstleistungen, wenn dabei 
Zeit und Gelegenheit der Ausbildung nicht beeinträchtigt werden. 
Hält man hingegen diesen Schlufs für zulässig, dann unterliegt der 
Verwendung zu anderen Dienstleistungen auch der nicht in die häus- 
liche Gemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommene Handlungslehrling 
im Gegensatz zum gewerblichen Lehrling, ist also weniger geschützt 
als dieser, 
Von BGB. $ 618 Abs. 2 — der sich auf Arbeitnehmer nur eines 
Dienstvertrags und nach HGB. $ 62 Abs. 2. 8 76 Abs. 1 auch auf 
Handlungsgehülfen und Handlungslehrlinge bezieht — ist in Kap. 1 
die Rede gewesen, dort jedoch nur die eine Seite, die Pflichtseite, be- 
trachtet worden. Diese Bestimmung statuiert aber nicht blofs eine 
Pflicht, sondern auch ein Recht des Arbeitgebers, ein Recht nämlich, 
die mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion 
des Arbeitnehmers erforderlichen Anordnungen und Einrichtungen zu 
treffen. Er ist dazu berechtigt, weil er dazu absolut, d. h. ohne 
Rücksicht auf den Willen des Arbeitnehmers verpflichtet ist®*. Auch 
wenn der Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber zu treffende Einrichtung 
oder Anordnung der bewufsten Art, z. B. in Bezug auf Schlafraum 
oder Verpflegung, nicht für erforderlich hält mit Rücksicht auf seine, 
des Arbeitnehmers, Gesundheit, Sittlichkeit oder Religion, oder wenn 
der Arbeitnehmer auf diese Berücksichtigung verzichtet, sie verschmäht, 
so ist gleichwohl der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderliche Ein- 
richtung oder Anordnung zu treffen. Wenn ihn der Verzicht oder 
Widerspruch des Arbeitnehmers nicht entlastet, falls durch die Unter- 
lassung die Gesundheit des Arbeitnehmers geschädigt wird, so mufs 
er auch berechtigt sein, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, 
unbekümmert um das Verhalten des Arbeitnehmers. Nicht also weil 
der Arbeitgeber persönlich am Schutz des Arbeitnehmers interessiert 
sein kann, ist ihm ein Recht zu den erwähnten Schutzmafsregeln 
zuzuschreiben, sondern weil er dieses Rechts nicht entraten kann, 
1 Dies scheint zu thun Staub, Komm. zu HGB. 8 76 Anm. 7. 
? Seine Verpflichtung (auch die zum Schadensersatz) kann nach BGB. 
S 619. HGB. $ 62 Abs. 4 „nicht im voraus durch Vertrag aufgehoben oder 
beschränkt werden“.
	        
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