750 V.Abschn. Naturalvergütung. 7.Kap.: Vergleichung v. Geld-u. Naturalverg.
ob sie von der Hausgemeinschaft trennbar ist. Hier wird nur bei
Vergleichung von Geld- und Naturallohn eine Eigentümlichkeit der
verbreitetsten Art des letzteren konstatiert. Rechtlich sanktioniert
findet sich die besagte Kontrolle, die sonst nur thatsächlich besteht
oder durch Vertrag sichergestellt wird!, hauptsächlich in Gesinde-
ordnungen 2.
VI. Eine Vergleichung von Geld- und Naturalvergütung würde
ohne Berücksichtigung ihres zeitlichen Geltungsbereichs unvollständig
sein. In dieser Hinsicht mit jener verglichen hat die Natural-
vergütung im allgemeinen den Anspruch auf höheres Alter, indem
Naturalleistung der Geldleistung voranging, überhaupt die Geldwirt-
schaft nur nach der Naturalwirtschaft auftreten konnte. Wenn man
den Arbeitsvertrag nicht erst mit der Möglichkeit der Geldvergütung
aufkommen läfst, so steht dem Naturallohn die Priorität zu. Beginnt
der Geltungsbereich der Geldvergütung später als der der Natural-
vergütung, so ist doch sein Anfang nicht zugleich das Ende der
Herrschaft der Naturalvergütung. Immerhin gewinnt die Geldvergütung
Anwendung nicht nur neben der Naturalvergütung, d.h. auf Gebieten,
die sich neu dem Arbeitsvertrag erschließen, sondern die Geld-
vergütung erlangt Herrschaft auch in solchen Arbeitsverträgen, in
welchen vordem nur oder überwiegend die Naturalvergütung heimisch
war. Der Blick in die Vergangenheit zeigt wie eine fortschreitende
Ausbreitung der Geldvergütung, so deren Ausbreitung auf Kosten der
Naturalvergütung?. Von den Faktoren, die zu dieser Verschiebung
mitgewirkt haben, sehen wir manche noch in der Gegenwart am
1 In Landarbeiterkontrakten, in denen als Vergütung eine Wohnung
vom Gutsbesitzer zugesichert wird, findet sich die Bestimmung: „das Recht
einer Revision der gesamten Wohn-, Keller- und Stallräume steht dem Arbeit-
geber zu jeder Zeit zu“. Verhältnisse der Landarbeiter II, 569. 581.
? SeemO. $ 108 (S. 6701). GesindeO. für das Königr. Sachsen 88 42—44:
„Jeder Dienstbote mufs sich gefallen lassen, dafs die Dienstherrschaft in
seiner und eines Zeugen Gegenwart seine Lade, Koffer oder sonstigen Behält-
nisse seiner Sachen öffne ... Über die sittliche Aufführung des Gesindes
steht der Dienstherrschaft das Recht! der Aufsicht zu; den diesfallsigen
Zurechtweisungen und Verboten der Dienstherrschaft hat sich jeder Dienst-
bote zu fügen. Die Dienstherrschaft ist berechtigt, dem Dienstboten solchen
Aufwand, den sie seinen Verhältnissen nicht angemessen findet. zu unter-
sagen .. .“
® S. z. B. Lage des Handwerks I, 122. II, 9. Landarbeiter in den evang.
Gebieten I, 27. 96. 102, 111. II, 33. 76. 129. Fiedler, Arbeiterfrage auf dem
Lande S. 39. 76. 96.