Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

VI. Abgrenzung von der Miete, „Gebrauchsüberlassungsvertrag.“ 49 
liese Gegenstände, und man.ist darüber einig, daß damit die Miet- 
und die Pachtobjekte vollständig angegeben sind. Der Mensch kommt 
nicht darunter vor, er ist nicht mögliches Miet- oder Pachtobjekt. 
Die entgeltliche Überlassung des Gebrauchs eines Menschen, des über- 
jassenden selbst oder eines fremden Menschen, ist weder Miete noch 
Pacht. Auch die menschliche Arbeitskraft und die menschliche Arbeit 
können nicht Miet- oder Pachtobjekte sein. Nicht blofs darum, weil sie 
weder Rechte noch Sachen, nämlich körperliche Gegenstände (BGB. 
S 90) sind, sondern auch darum, weil sie durch den Gebrauch und 
soweit dieser reicht, aufgebraucht werden. Gegenstände von 
Miete oder Pacht können aber nur unverbrauchbare Dinge sein, weil 
das Miet- oder Pachtobjekt zurückgegeben werden mulfs: die von ihm 
zebrauchte menschliche Arbeit oder Arbeitskraft würde der Mieter 
nicht zurückgeben können. Die Wasserkraft eines Baches oder Flusses 
gilt als mietbar, weil sie durch den Gebrauch nicht verbraucht wird. 
Ist nach alledem der Arbeitsvertrag keine Miete, so könnte man 
daran denken, ihn als sogen. Gebrauchsüberlassungsvertrag 
der Miete an die Seite zu stellen, unter dem letzteren auch die 
Miete zu begreifen !, „Gebrauchsüberlassungsvertrag“ bezeichnet weder 
eine gesetzliche, noch eine sonst feststehende Kategorie. Es fragt 
sich, ob der Arbeitsvertrag ihr unterfallen könne. Als zum Gebrauch 
überlassen würde beim Arbeitsvertrag die Arbeitskraft gelten. Da sie 
jedoch, anders als die Mietsache, im Gebrauch verzehrt wird, für 
einen neuen Gebrauch erneuert werden muls, so kann von ihrer 
Überlassung zum Gebrauch im eigentlichen Sinne nicht gesprochen 
werden. Ferner macht bei der Miete den Gebrauch zweifellos der 
Mieter, dem der Gebrauch überlassen ist. Beim Arbeitsvertrag hin- 
gegen ist zu bezweifeln, dafs der Gebrauch der Arbeitskraft 
von dem gemacht wird, dem die Arbeit zugesagt worden ist*. Man 
kann zugeben, dafs dieser die Arbeit, die ihm geleistet wird, zu 
seinen Zwecken verwenden könne (indem er z. B. Ort und Zeit, Stoff 
und Form bestimmt), mufs aber Menschen gegenüber dabei bleiben, 
dafs nur der Inhaber der Arbeitskraft selber diese seine Arbeits- 
' So, wie es scheint, Schollmeyer, Recht der einzelnen Schuldverhält- 
nisse S. 34. 35. 8. 57: „Es handelt sich bei beiden (Dienstvertrag und Sach- 
miete) um zeitweiligen Gebrauch fremder Güter.“ Für das römische Recht 
erklärt Windscheid, Pandektenrecht II $ 405: „Der Vermieter sagt dem 
Mieter den Gebrauch einer Sache oder den Gebrauch einer (regelmäfsig seiner) 
Arbeitskraft zu, der Mieter verspricht dafür dem Vermieter Geld.“ 
? Vgl. W. Endemann, Behandlung der Arbeit im Privatrecht S. 72: 
„denn die Arbeitskraft ist und bleibt lediglich dem freien Arbeiter, geht nicht 
in den Gebrauch des Arbeitgebers über.“ 
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 
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