VI. Abgrenzung von der Miete. Gemeinsame Bezeichnungen. 51
meinsamkeit, sowohl der römischen als der germanischen Terminologie
beider Verträge nicht im geringsten verhüllt oder vermindert. Da näm-
lich die gemeinsamen technischen Namen sich gar nicht auf die
Leistungen des Vermieters und des Arbeiters beziehen, so
gestatten sie weder fürs germanische noch fürs römische Recht die
Annahme, daß jene Leistungen miteinander verwandt und in der
Gebrauchsüberlassung eins seien.
Das deutsche „miete“, mit dem griechischen wL006g urverwandt,
bedeutet nach Grimms Wörterbuch „Lohn, Gegengabe, Gegenzahlung“;
„mieten“ oder Lohn für eine Leistung gewähren specialisiert sich in:
dingen für eine Verrichtung, einen Dienst und: gegen Entgelt die
Verfügung über eine Örtlichkeit erlangen!. Es besteht daher die
Gemeinschaft z. B. von Gesindemiete und Hausmiete für die Sprache
auf seiten der Entgeltleistung, und die Übertragung dieser Gemein-
schaft auf die entgoltenen Leistungen wird durch die Sprache nicht
erlaubt, wie sie durch die Sache ausgeschlossen ist, Das abgeleitete
„vermieten“ bezeichnet die Leistungen des Sachgebrauchüberlassers
wie des Arbeiters nicht nach ihrem eigenen Inhalt, sondern nach der
Gegenleistung *.
Die lateinischen Ausdrücke locare und conducere werden bekannt-
lich ebensowohl für die Miete als für den Arbeitsvertrag in den beiden
Formen der 1. c. operarum und der 1. c. operis verwendet. Die vielen
litterarischen Bemühungen um die Erklärung dieser Terminologie *
gehen von der Annahme aus, dafs sie für gleichartige Vorgänge sich
gebildet hat. Am meisten durchführbar scheint diejenige Erklärung
1 Ebenso werden nach v. Amira, Nordgermanisches Obligationenrecht 1,
610. 630. 632. 633. 636. 649. II, 740. 771. 787 Pacht, Sachmiete, Dienstmiete
and Werkmiete sprachlich zusammengehalten durch die Entgeltleistung,
altschwedisch „legha“, altnorwegisch „leiga“, was sowohl den Pacht-
oder Mietzins als den Lohn, nämlich das Geld oder die Sachen bedeutet,
„wofür man Gebrauch oder Nutzung einer Sache einem Anderen überläfst oder
wofür man einem Anderen einen Dienst oder ein Werk verrichtet“.
32 Wenn Riezler, Der Werkvertrag S. 30, den Ausdruck „Werkmiete“
(statt Werkvertrag) für „der juristischen Natur des Vertrages widerstrebend“
erklärt, so wird dabei das Wort „Miete“ nicht auf die Entgeltleistung be-
zogen, sondern wohl an die Gebrauchsüberlassung des Sachvermieters gedacht,
was dem heutigen Sprachgebrauch entsprechen mag. Allein es zeigt gerade
die Bildung des Ausdrucks „Werkmiete“, dafs die „juristische Natur des Ver-
trags“ nicht in der Gebrauchsüberlassung erblickt wurde.
3 Kritische Berichterstattung und Fortführung bei Burckhardt, Zur
Geschichte der locatio conduetio (1889) S. 26—33. Neuerdings Riezler a. a. 0.
S. 7—14, Bücher in Handwörterbuch der Staatswissenschaften IV?, 371,
Voigt, Römische Rechtsgeschichte II, 980. 931,