52 I. Abschn., 1. Kap.: Begriff und Terminologie.
zu sein, welche sich an die sinnliche Bedeutung als ursprüngliche
haltend, das locare als Plazieren oder Verstellen und das conducere
als Wegführen oder Holen fafst. Nach dieser einleuchtenden, ob-
zwar nicht einwandfreien Erklärung schildern die Termini den
aufßeren Herzang, nämlich den beginnenden Vollzug der der locatio
conductio unterfallenden Verträge, ohne die Leistung des locator,
die Überlassung des uti, irgendwie zu bezeichnen und ohne im ge-
ringsten bemerken zu lassen, dafs die Leistung des locator operarum
oder des conduetor operis, der z. B. vinum transportandum conduxit,
von derselben Art, nämlich eine Gebrauchseinräumung sei, wie die
des locator beim domum locare. Von solcher Gebrauchseinräumung
aus, als Sinn von locare, hätte man es auch nie dahin bringen
können, von einem „factum, quod locari solet, puta ut tabulam
pingas“ (5 8 2D. 19, 5) zu sprechen, da eine Handlung nicht‘ zum Ge-
brauch überlassen werden kann!. Sieht man aber von der Etymo-
logie ab und bleibt man dabei stehen, dafs die Leistung des 10ca-
tor beim rem locare eine Gebrauchseinräumung ist, d. h. daß mit
Bezug auf solche Leistung locare gesagt wird, so ist es unmöglich, zu
einer entsprechenden Leistung bei dem Arbeitsvertrag zu gelangen,
der locatio operis ist, weil derjenige, der hier Arbeit leistet und für
diese opera Entgelt empfängt®, als conductor bezeichnet wird, so-
mit nicht als Gebrauchsüberlasser erscheint.
Die lateinische Terminologie liefert demnach keinen Anhalt für
die im Vorausgehenden bekämpfte Meinung, dafs Miete und Arbeits-
vertrag durch die Leistungen, die in ihnen entgeltlich ausbedungen
werden, innerlich zusammenhängen 8.
1 Siehe auch 2 I, 3, 14: — locatus tibi usus rei videtur.
?2 z.B. 281 D. 19, 2 (mercede pro opera constituta), 34 p. D. 34, 2
(mercedem praestaturus pro opera aurifici).
3 E.Löning, Arbeitsvertrag, Handwörterbuch der Staatswissenschaften I?,
986 sagt dem römischen Recht nach, es habe den Arbeitsvertrag als eine Art
des Mietvertrags behandelt und den fundamentalen Unterschied von Miete
und Arbeitsvertrag nicht berücksichtigt. Dieses Urteil ist trotz seiner Un-
wahrscheinlichkeit herkömmlich und verbreitet. Allein es läfst sich nicht
begründen, Denn das römische Recht behandelt zwar, wie die Namen
zeigen, locatio operis und locatio operarum als Arten der locatio, allein mit
dem Wort locatio verbindet es unverkennbar nicht unseren Begriff von Sach-
miete, an welche man bei uns denkt, wenn von „Miete“ gesprochen wird.
Demgemälfs ist die Äufserung von Ha chenburg, Dienstvertrag und Werk-
vertrag (1898) S. 3: „Der Römer bezeichnete jede Benützung fremder Arbeits-
kraft, einerlei ob ihm diese als solche oder nur in ihrem Resultate wertvoll
war, verächtlich als Miete,“ sowohl im Ausdruck als im Inhalt verfehlt. Auch
von der Verächtlichkeit der angeblichen Bezeichnung findet sich keine Spur.