Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IX. Terminologie: „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“. 63 
bekleidet. Dieses Beispiel zeigt nebenbei, dafs die Parteinamen „Ar- 
veitgeber“ und „Arbeitnehmer“ Platz greifen ohne Rücksicht darauf, ob 
ınd in welchem Mafse der Arbeitgeber die Arbeit thatsächlich ent- 
gegennimmt, der Arbeitnehmer die Arbeit thatsächlich verrichtet. 
Wo eine juristische Person Arbeitnehmer ist, ist die Verrichtung: der 
Arbeit durch den Arbeitnehmer in Person natürlich ausgeschlossen, 
ebenso wie sie als Arbeitgeber die Arbeit nicht thatsächlich entgegen- 
nehmen kann (Kapitel 2 Nr. VIII IX). 
3. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können einander gegenüber- 
stehen unabhängig von den socialen oder ökonomischen Posi- 
tionen, welche die so Bezeichneten an sich oder gegenseitig innehaben. 
Es ist einerlei, ob sie beide im Erwerbsleben der Selbständigkeit teil- 
haftig sind oder beide ihrer entbehren, oder ob der eine als selb- 
ständig, der andere als unselbständig zu betrachten ist, und ob die 
eine oder die andere Eigenschaft dem Arbeitgeber oder dem Arbeit- 
nehmer zukommt. Sie können beide Kapitalisten oder beide Prole- 
tarier oder der eine dies, der andere jenes oder auch keines von 
beiden sein. Demgemäfs fallen auch die Begriffe des Arbeitgebers 
und des Unternehmers ebensowenig zusammen‘, als die Begriffe des 
Arbeitnehmers und des Arbeiters, Denn der Arbeitgeber hraucht 
nicht Unternehmer zu sein (z. B. die Hausfrau gegenüber der auf der 
Stör arbeitenden Näherin), und der Unternehmer kann Arbeitnehmer 
sein (z. B. der Fuhrhalter gegenüber dem Kunden); der Arbeitnehmer 
braucht nicht Arbeiter zu sein (z. B. der Theaterdirektor gegenüber 
dem Theaterbesucher) und der ‚Arbeiter kann Arbeitgeber sein (z. B. 
gegenüber dem Flickschuster). „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ 
bezeichnen rein rechtliche und zwar privatrechtliche Begriffe, während 
„Unternehmer“ und „Arbeiter“ ökonomische Begriffe ausdrücken und 
zwar bald ausschliefslich, bald vorwiegend ?. 
4. „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ bezeichnen nur relative 
und vorübergehende Qualitäten, nämlich solche, die durch den Ab- 
schlufßs eines Arbeitsvertrags erworben werden, und die ein Paciscent 
nur gegenüber dem anderen, nur im Hinblick auf den anderen besitzt. 
Daher kann jemand gleichzeitig eines anderen Arbeitnehmer und 
eines dritten Arbeitgeber sein. Es ist z. B. der Baumeister, der dem 
Besitzer einer mechanischen Weberei ein Haus zu bauen versprochen 
hat. in dem hiermit geschlossenen Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer 
ı Wird doch in dem Arbeitsvertrag, der ein Werkvertrag ist, mit „Unter- 
aehmer“ der Arbeitnehmer bezeichnet. 
2? Siehe auch Schmieder in Sociale Praxis VIIL 272.
	        
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