Full text: Kritik des Gothaer Programms

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die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem 
gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln so viel heraus, a!s 
gleich viel Arbeit kostet. Dasselbe Quantum Arbeit, das er der Ge 
sellschaft in einer Form gegeben hat, erhält er in der anderen zurück. 
Es herrscht hier offenbar dasselbe Prinzip, das den Warenaus 
tausch regelt, soweit er Austausch Gleichwertiger ist. Inhalt uni 
Form sind verändert, weil unter den veränderten Umständen nie 
mand etwas geben kann, außer seiner Arbeit, und weil anderersei's 
nichts in das Eigentum der einzelnen übergehen kann, außer indi 
viduellen Konsumtionsmitteln. Was aber die Verteilung der letzteren 
unter die einzelnen Produzenten betrifft, herrscht dasselbe Prinzip 
wie beim Austausch von Warenäquivalenten, es wird gleich viel 
Arbeit in einer Form gegen gleich viel Arbeit in einer andern um 
getauscht. 
Das gleiche Recht ist hier daher immer noch dem Prinzip nach — 
das bürgerliche Recht, obgleich Prinzip und Praxis sich nicht mehr 
in den Haaren liegen, während der Austausch von Äquivalenten 
beim Warenaustausch nur im Durchschnitt, nicht für den einzelnen 
Fall existiert. 
Trotz dieses Fortschrittes ist dieses gleiche Recht stets noch mit 
einer bürgerlichen Schranke behaftet. Das Recht der Produzenten 
ist ihren Arbeitslieferungen proportional; die Gleichheit besteht 
darin, daß an gleichem Meßstab, der Arbeit, gemessen wird. 
Der eine ist aber physisch oder geistig dem andern überlegen, 
liefert also in derselben Zeit mehr Arbeit oder kann während mehr 
Zeit arbeiten; und die Arbeit, um als Maß zu dienen, muß der Aus 
dehnung oder der Intensität nach bestimmt werden, sonst hörte sie 
auf, Maßstab zu sein. Dies gleiche Recht ist ungleiches Recht für 
ungleiche Arbeit. Es erkennt keine Klassenunterschiede an, weil 
jeder nur Arbeiter ist wie der andre; aber es erkennt stillschweigend 
die ungleiche individuelle Begabung und daher Leistungsfähigkeit 
als natürliche Privilegien an. Es ist daher ein Recht der Ungleichheit, 
seinem Inhalt nach, wie alles Recht. Das Recht kann seiner Natur 
nach nur in Anwendung von gleichem Maßstab bestehn; aber die 
ungleichen Individuen (und sie wären nicht verschiedene Individuen, 
wenn sie nicht ungleiche wären) sind nur an gleichem Maßstab meß 
bar, soweit man sie unter einen gleichen Gesichtspunkt bringt, sie 
nur von einer bestimmten Seite faßt, z. B. im gegebenen Fall sie nur 
als Arbeiter betrachtet; und weiter nichts in ihnen sieht, von allem
	        
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