Full text: Kritik des Gothaer Programms

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Das Ganze ist im höchsten Grad unordentlich, konfus, unzusam 
menhängend, unlogisch und blamabel. Wenn unter der Bourgeois 
presse ein einziger kritischer Kopf wäre, er hätte dies Programm Satz 
für Satz durchgenommen, jeden Satz auf seinen wirklichen Inhalt hin 
untersucht, den Unsinn recht handgreiflich auseinandergelegt, die 
Widersprüche und ökonomischen Schnitzer (zum Beispiel: daß die 
Arbeitsmittel heute „Monopol der Kapitalistenklasse" sind, als ob es 
keine Grundbesitzer gäbe, das Gerede von „Befreiung der Arbeit" 
statt der Arbeiterklasse, die Arbeit selbst ist heutzutage ja gerade 
viel zu heil) entwickelt und unsere ganze Partei greulich lächerlich 
gemacht. Statt dessen haben die Esel von Bourgeoisblättern dies Pro 
gramm ganz ernsthaft genommen, hineingelesen, was nicht darin 
steht und es kommunistisch gedeutet. Die Arbeiter scheinen dasselbe 
zu tun. Es ist dieser Umstand allein, der es Marx und mir möglich 
gemacht hat, uns nicht öffentlich von einem solchen Programm los 
zusagen. Solange unsere Gegner und ebenso die Arbeiter diesem 
Programm unsere Ansichten unterschieben, ist es uns erlaubt, dar 
über zu schweigen. 
Wenn Sie mit dem Resultat in der Personenfrage zufrieden sind, so 
müssen die Ansprüche auf unserer 'Seite ziemlich tief gesunken sein. 
Zwei von den Unseren und drei Lassalleaner! Also auch hier die Unse 
ren nicht gleichberechtigte Alliierte, sondern Besiegte und von vorn 
herein überstimmt. Die Aktion des Ausschusses, soweit wir sie kennen, 
ist auch nicht erbaulich: 1. Beschluß, Brackes und B. Beckers zwei 
Schriften über Lassallesches nicht auf die Parteischriftenliste zu setzen; 
wenn dies zurückgenommen, so ist es nicht die Schuld des Ausschusses 
und auch nicht Liebknechts; 2. Verbot an Vahlteich, die ihm von 
Sonnemann angetragene Korrespondenz für die „Frankfurter Zeitung" 
anzunehmen. Dies hat Sonnemann dem durchreisenden Marx selbst 
erzählt Was mich noch mehr dabei wundert als die Arroganz des 
Ausschusses und die Bereitwilligkeit, womit Vahlteich sich gefügt hat, 
statt dem Ausschuß etwas zu pfeifen, ist die kolossale Dummheit dieses 
Beschlusses. Der Ausschuß sollte doch lieber dafür sorgen, daß ein 
an Bracke auf S. 44 der vorliegenden Ausgabe), Bebel nicht gezeigt hatte. Bebel 
bekam erst im Jahre 1891 Kenntnis davon dm'ch die Veröffentlichung in der 
„Neuen Zeit“. Es muß hinzugefügt werden, daß Bebel, der die „Kritik“ in der 
„Neuen Zeit“ las, ehe die Nummer den Lesern zugestellt war, noch den Versuch 
machte, ihr Erscheinen zu verhindern. Sein Telegramm kam jedoch zu spät an. 
(Siehe „Vorwärts“, Berlin, 2C. Februar- 1891.) Die Red.
	        
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