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ausfällt, daß ich absolut gezwungen bin, darauf einzugehn, denke ich
gar nicht daran darauf zu antworten. Wollen's also abwarten.
An Bebel werde ich auch deswegen nicht schreiben, denn erstens
muß er mir erst selbst sagen, was er sich für eine definitive Meinung
über die Sache gebildet hat, und zweitens wird ja jeder Fraktions
beschluß von allen unterschrieben, ob sie dafür gestimmt oder nicht,
übrigens irrt Bebel sich, wenn er glaubt, ich würde mich in eine ver
bitternde Polemik hereinreiten lassen. Da müßten sie mir denn doch
erst mit Unwahrheiten etc. kommen, die ich nicht hingehn lassen
könnte. Im Gegenteil, ich bin förmlich von Versöhnlichkeit durch
seucht, ich habe ja gar keinen Grund zu zürnen und brenne vor Be
gierde, jede Brücke — Pontonbrücke, Bockbrücke, eiserne oder stei
nerne, selbst goldne Brücke über den von Bebel in der Feme geahnten
möglichen Abgrund oder Kluft zu bauen.
Sonderbar! Jetzt schreibt Sch. von den vielen alten Lassalleanern,
die auf ihre Lassallerei stolz sind — und als sie hier waren, hieß es ein
stimmig: es gibt keine Lassalleaner mehr in Deutschland! Das war
eben ein Hauptgrund, der bei mir manche Bedenken verschwinden ließ.
Und da kommt auch Bebel und findet, daß eine große Anzahl der
besten Genossen schwer verletzt werden. Ja, dann mußte man mir
auch die Dinge so darstellen wie sie waren.
übrigens wenn man jetzt, nach 15 Jahren, nicht gradeaus über den
theoretischen Blödsinn Lassalles und sein Prophetentum sprechen
darf, wann dann?
Die Partei selbst, der Vorstand, die Fraktion und tutti quanti, sind
aber vor allem Tadel, außer dem, so ein Programm angenommen zu
haben (und der ist nicht zu umgehn), gedeckt durch das Sozialisten
gesetz. Solange dies herrschte, war jede Revision ausgeschlossen. So
bald es aufhört, setzen sie sie auf die Tagesordnung. Also was will
man mehr?
Und daß die Leute endlich einmal aufhören, die Parteibeamten
— ihre eignen Diener — mit den ewigen Glacehandschuhen anzu
fassen und vor ihnen, wie vor unfehlbaren Bürokraten, gehorsamst,
statt kritisch, dazustehn, ist auch nötig.
Dein F. E.
Erstmalig veröffentlicht (mit Aus-,
lassungeil) in der Zeitschrift „Die
Gesellschaft“, Berlin 1932, Heft
Nr. 5. Hier ergänzt nach der photo
graphischen Kopie des Originals.