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den industriellen Expansionsbewegungen allzuwenig gewachsen
zu sein. Aber ein gewaltiger Fortschritt war erst kurz vor dem Welt
kriege erreicht, als die Vereinigten Staaten das Bundes-Reserve-
Banksystem eingerichtet batten, belehrt durch die furchtbare Wirkung
der Geldkrise von 1907. Gewiß: es gab noch Krisen, aber deutlich
war erkennbar, daß ihre Wucht nicht zu-, sondern abnahm, und schon
schienen sich Möglichkeiten anzubahnen, um ihr Gewicht wie die
Häufigkeit ihres Eintretens erheblich zu vermindern.
Da kam der K r i e g.
Der Krieg war die vollkommenste Aushebung aller Fak
toren, die die Wirtschaft der Welt bis dahin bestimmt hatten. Die
Technik wandte sich nicht mehr dem wirtschaftlichen Fortschritt,
sondern der Vernichtung zu, und sie besorgte diese Ausgabe so
vollkommen, wie sie jemals eine frühere erfüllt hatte. Die welt
wirtschaftliche Arbeitsteilung wurde mit einem Male aufgehoben;
die Stabilität aller wirtschaftlichen Verhältnisse, die Kontinuität
aller wirtschaftlichen Beziehungen war unterbrochen.
Heben wir kurz die entscheidenden Eingriffe des Krieges in
die Weltwirtschaft hervor, Eingriffe, die in ihren Rückwirkungen
bis heute erkennbar sind und im weiteren Verlaus der Geschehnisse
zur Zerrüttung der weltwirtschaftlichen Beziehungen führten:
1. Es entstand eine allgemeine Umstellung der
Wirtschaft in den feindlichen und rieutralen Ländern auf Kriegs
bedarf. Die Wirtschaft der Welt wurde auf Erzeugung und
Ermöglichung unwirtschaftlicher Handlungen eingerichtet.
Damit ging der Prozeß allgemeiner Verarmung an.
2. Ilm den Bedarf der Welt teils an unwirtschaftlichen Kriegs
gütern, teils an Wirtschaftsgütern, die infolge der allgemeinen
Umstellung auf Kriegsproduktion nicht befriedigt werden konnten,
zu decken, sprangen neue Industrien in die Höhe. Ob sie
sich auf die D a u e r halten konnten, oder ob sie nur vorüber
gehend zur Deckung eines Notbedarfs dienten, darüber konnte
erst die Zukunft nach dem Kriege entscheiden. Diese Neugrün
dungstätigkeit wurde neben der tatsächlichen während des Krieges
bestehenden Nachfrage durch spekulative Übertreibungen gefördert.
3. Der Bedarf des Krieges mit seinen Bestellungen ä taut
prix entzündete in der ganzen Welt ein Spekulationssieber, das
auch die Schätzung des Bedarfs der Welt, die man nach A b -
s ch l u ß des Krieges erwartete, phantastisch übersteigerte. Die
ersten Jahre nach dem Krieg standen unter dem Druck dieser Spe
kulation, der jetzt langsam zu weichen beginnt.
4. Entscheidend tritt zu alledem hinzu, daß das Zentrum
Mitteleuropas, Deutschland und Rußland, aus dem Kriege
und den Bedingungen des Versailler Friedens sowie den staatlichen
Umwälzungen so geschwächt hervorging, daß diese Länder nur
einen Bruchteil dessen am Weltmärkte einzukaufen imstande sind,
was sie früher zu kaufen in der Lage waren. Das bedeutet Ab