Full text: Quadragesimo anno

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II. 
Machtvollkommenheit der Kirche über Gesellschaft 
und Wirtschaft 
An die Spitze Unserer Ausführungen setzen wir den von Leo XIII. schon 
in helles Licht gestellten Satz: Nach Recht und Pflicht walten Wir kraft 
Unserer höchsten Autorität des Richteramts über die gesellschaftlichen 
und wirtschaftlichen Fragen. Gewiß ward der Kirche nicht die Aufgabe, 
die Menschen zu einem bloß vergänglichen und hinfälligen Glück zu 
führen, sondern zur ewigen Glückseligkeit. Ja, „die Kirche würde es 
sich als einen übergriti anrechnen, grundlos in diese irdischen Ange 
legenheiten sich einzumischen''. Aber unmöglich kann die Kirche des 
von Gott ihr übertragenen Amtes sich begeben, ihre Autorität geltend 
zu machen, nicht zwar in Fragen technischer Art, wofür sie weder über 
die geeigneten Mittel verfügt, noch eine Sendung erhalten hat, wohl aber 
in allem, was auf das Sfttengesetz Bezug hat. Die von Gott Uns anver 
traute Wahrheit und das von Gott Uns aufgetragene heilige Amt, das 
Sittengesetz in seinem ganzen Umfange zu verkünden, zu erklären und 
— ob erwünscht, ob unerwünscht — auf seine Befolgung zu dringen, 
unterwerfen nach dieser Seite hin wiedengesellschaftlichen, 
so den wirtschaftlichen Bereich vorbehaltlos Un- 
serm höchstrichterlichen Urteil. 
In der Tat, wenngleich Wirtschaft und Sittlichkeit jede in 
ihrem Bereich eigenständig sind, so geht es doch fehl, die Bereiche des 
Wirtschaftlichen und des Sittlichen derart auseinanderzureißen, daß 
jener außer alle Abhängigkeit von diesem tritt. Die sogenannten Wirt 
schaftsgesetze aus dem Wesen der Sachgüter wie aus dem Geist, Leib, 
Wesen des Menschen erfließend, besagen nur etwas über das Verhältnis 
von Mittel und Zweck, und zeigen so, welche Zielsetzungen auf 
wirtschaftlichem Gebiet möglich, welche nicht möglich sind. Aus 
der gleichen Sachgüterwelt sowie der Individual- und Sozialnatur des 
Menschen entnimmt sodann die menschliche Vernunft mit voller 
Bestimmtheit das von Gott, dem Schöpfer der Wirtschaft als Ganzem 
vorgesteckte Ziel. 
Anders das Sittengesetz. Ihm allein eignet verpflichtende 
Kraft, mit der es unsern Willen bindet, wie in all unserrn Tun und 
Lassen die Richtung auf unser höchstes und letztes Ziel, so in den ver 
schiedenen Sachbereichen die Ausrichtung auf die jedem einzelnen von 
ihnen vom Schöpfer erkennbar vorgesteckten Ziele und damit zugleich 
die rechte Stufenordnung der Ziele bis zum höchsten und letzten allzeit 
innezuhalten. Wir brauchen nur diesem Gesetz zu gehorsamen, um 
alle Einzelziele wirtschaftlicher Art, Sozial- und Individualziele, in die 
große Gesamtordnung der Ziele sich einreihen zu sehen, womit sie 
für uns ebenso viele Stufen werden, auf denen wir hinaufsteigen bis 
zum letzten Ziel und Ende aller Dinge, zu Gott, dem höchsten unend 
lichen Gut.
	        
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