Zweites Buch. Krankenversicherung. § 369—372. 155
Gegen den Beschluß des Oberversicherungsamts (Abs. 1, 2) hat der
Kassenvorstand die Beschwerde bei der obersten Verwaltungsbehörde.
HDerletzteSatzzu Abs. l ist durch Art. III Ges. v. 9. VI. 22 (Anhang II Nr. 64)
hinzugefügt und durch § 6 930. über Wochenhilfe v. lS. VIII. 23 (RGBl. I S. 817)
durch Bezugnahme auf die Reichsrichtzahl für Lebenshaltungskosten geändert. —-
Dgl. § 7 Ges. über Wochenfürsorge (Anhang VI Nr. l).
Zur Sicherung der ärztlichen Versorgung bei den Krankenkassen
ist das Ges. v. 20. IV. 22 (Anhang II Nr. 59) aus der Initiative des Reichstags hervor
gegangen, das lautet:
„§ 1. Der Reichsarbeitnünister kann im Falle eines Bedürfnisses Bestimmungen
darüber treffen, wie über die Vorschriften der §§ 370, 371 der RVO. und des § 10 des
Reichsversorgungsgesetzes hinaus die Krankenkassen ermächtigt werden, statt der Kranken
pflege oder sonst erforderlichen ärztlichen Behandlung eine bare Leistung zu gewähren.
Diese Bestimmungen sind dem Reichstag alsbald zur Kenntnis 511 bringen und auf sein
Verlangen aufzuheben.
8 2. Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft."
Das Reichsgericht hatte in einer in der „Betriebskrankenkasse" 1922 Nr. 4 S. 33
abgedruckten Entscheidung (deren Begründung recht anfechtbar ist) die Heraufsetzung
der Versicherungspflichtgrenze für die Angestellten und die Erhöhung des Grundlohns
als einen wichtigen Grund i. S. des 8 626 BGB. angesehen, welcher die Ärzte
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zur Kündigung von Vertrügen berechtigt. An
scheinend hat diese Entscheidung das Vorgehen des Reichstags mittels des Ges. v. 20. IV.
1922 mitoeranlatzt.
2 ) Die SO, zur Sicherung der ärztlichen Versorgung bei den Kran
kenkassen v. 23. XII. 18 (Anhang II Nr. 37) sollte die Anwendung des § 370 im Jahre
1919 erleichtern. Sie hat mit Ende dieses Jahres ihre Bedeutung verloren. Vgl. Vorbeni.
vor § 363.
3 ) Im Spruchverfahren ist nicht nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen zur
Ermächtigung einer Krankenkasse nach § 370 RVO. vorgelegen haben. — Hat das Ober
versicherungsamt die Kasse nach 8 670 ermächtigt, statt der Krankenpflege usw. eine
bare Leistung bis zu 2 / 3 des Durchschnittsbetrags des gesetzlichen Krankengeldes zu ge
währen, so ist die Kasse nicht berechtigt, für die Geldabsindung ihrerseits eine niedrigere
Höchstgrenze als a / 3 festzusetzen. Vielmehr hat sie die ihr nachgewiesenen tatsächlichen
Aufwendungen bis zur Höhe von % des Durchschnittsbetrags ihres gesetzlichen Kranken
geldes zu ersetzen (AN. 1921 S. 403).
4 ) Der Begriff der ernstlichen Gefährdung ist in Z 6 der VO. über Kranken
hilfe bei den Krankenkassen (Anhang II Nr. 111) näher erläutert.
5 ) Vgl. die §§ 6 bis 23, 29 der 930. über Krankenhilfe bei den Krankenkassen v.
50. X. 23 (Anhang II Nr. 111). Diese Bestimmungen, die der Notlage der Kranken
kassen steuern wollen, beseitigen das Bedürfnis einer Ermächtigung der Kasse durch
das Obervcrsicherungsamt, wenn einer der in> 8 6 aufgeführten Fälle vorliegt. Dann
kann die Kasse selbständig entscheiden und hat ihren Beschluß lediglich dem Oberver
sicherungsamt anzuzeigen. Die Belange der Beteiligten werden durch die §§ 7 bis 23
gewahrt. Wichtig weil von der Regelung des § 370 Abs. 1 abweichend ist §§ 15 ff. der DO.
§ 371. Die Satzung kann den Vorstand ermächtigen, die Krankenhaus
behandlung nur durch bestimmte Krankenhäuser zu gewähren und, wo die
Kasse Krankenhausbehandlung zu gewähren hat, die Bezahlung anderer
Krankenhäuser, von dringenden Fällen abgesehen, ablehnen.
Dabei dürfen Krankenhäuser, die lediglich) zu wohltätigen oder gemein
nützigen Zwecken bestimmt oder von öffentlichen Verbänden oder Körper
schaften errichtet und die bereit sind, die Krankenhauspflege zu den gleichen
Bedingungen wie die im Abs. 1 bezeichneten Krankenhäuser zu leisten,
nur aus einem wichtigen Grunde mit Zustimmung des Oberversicherungs-
amts ausgeschlossen werden.
8 372. Genügt bei einer Krankenkasse die ärztliche Behandlung oder
Krankenhauspflege nicht den berechtigten Anforderungen der Erkrankten und
Wöchnerinnen 1 ), so kann, vorbehaltlich des § 370, das Oberversicherungs-