Full text: Die Reichsversicherungsordnung in ihrer jetzigen Fassung und die zu ihrer Änderung und Ausführung ergangenen Vorschriften

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Überblick über die Abänderungs- und Ergänzungsvorschriftcu. 
II. Die Aufbringung der Versicherungsbeiträge.*) 
A. Die Mittel zur Deckung von Versicherungsleistungen können nach 
drei verschiedenen Verfahren ausgebracht werden, nach dem Umlage- 
verfahren, dem Kapitaldeckungsverfahren oder dem Anwartschafts 
deckung sverfahren. 
a) Beim Umlageverfahren werden die zur Deckung der Versiche 
rungsleistungen erforderlichen'Mittel auf die Beteiligten nach irgend einem 
Matzstab umgelegt. Die Umlegung geschieht in der Regel am Schlüsse des 
Jahres, nachdem man alle Ausgaben übersehen kann (Bedarfsumlage), es 
kann aber auch der voraussichtliche Bedarf im voraus abgeschäht werden. 
Es werden dann Vorschüsse, auch Vorprämien genannt, erhoben; am Jahres 
schlüsse wird ein Überschuß oder ein Fehlbetrag durch Verrechnung aus die 
Vorschüsse des nächsten Jahres ausgeglichen. Um sprunghaftes Steigen der 
Vorschuß- oder Nachschutzzahlungen zu vermeiden, sammelt man eine Rück 
lage an, die zum Ausgleich herangezogen wird. Das Umlageverfahren war 
früher sehr verbreitet; es führt so lange zu keinen Schwierigkeiten, als die 
aufzubringenden Mittel auf eine hinreichend große Personenzahl verteilt 
werden, so daß der auf den einzelnen entfallende Anteil leicht getragen 
werden kann. Verkleinert sich aber der Kreis der Beteiligten, so steigt die 
Belastung des einzelnen und wird ihm dann unerträglich, wenn andererseits 
auch die Leistungen steigen. Das Umlageverfahren eignet sich deshalb nur 
bei kurzfristigen Wagnissen oder zur Aufbringung regelmäßig ablaufender 
Leistungen, wie z. B. der Verwaltungsausgaben. In der Privatverficherung 
arbeiten z. B. die Feuer-, Hagel-, Vieh-, Wasserleitungsschäden-Versicherung 
nach dem Umlageverfahren. Bei erstgenannter ist das System der Vor 
prämien besonders entwickelt; man bemitzl sie oft über den nach langen Er 
fahrungen festgestellten Bedarf und verrechnet den Mehrertrag alljährlich 
als Dividende. In der sozialen Versicherung eignet sich das Umlageverfahre» 
nur für die Kranken- und Arbeitslosenversicherung, da Schwankungen in 
dem Kreise der Fürsorgebercchtigten sich in der Regel auch in den Zahlen 
der Unterstützungssälle auswirken. Da aber durch Epidemien in der Kranken 
versicherung, durch wirtschaftliche Krisen in der Arbeitslosenversicherung 
plötzlich eine starke Steigerung der Ausgaben bei verringerter Einnahme 
eintritt, ist es notwendig, in guten Jahren starke Rücklagen anzusammeln, 
um den Umlagebeitrag in erträglichen Grenzen halten zu können. 
In der Lebensversicherung wird das Umlageverfahren von den Auf 
sichtsbehörden nicht zugelassen; "trotzdem findet es sich gelegentlich in kleineren 
Versicherungsvereinen, die jedoch einen Rechtsanspruch auf ihre versprochenen 
Leistungen nicht gewähren. 
b) Das Kapitaldeckungsverfahren dient zur Aufbringung der Mittel 
bei langfristigen Wagnissen, indem das Deckungskapital für den einzelnen 
Versicherungsfall entweder nachträglich auf die Beteiligten umgelegt oder 
durch eine Vorprämie unter Vorbehalt der Nachschußpflicht der Beteiligten 
aufgebracht wird. Vielfach rechnet man nach Erfahrung die Summe der 
zu deckenden Wagnisse für eine Anzahl von Jahren im voraus aus und er 
mittelt daraus den während dieses Zeitraums gleichbleibenden Beitrag 
(Kapitaldeckungsverfahren nach Perioden). Auch hier wird oft eine Rücklage 
angesammelt, um ein Steigen des Beitrags nach Ablauf des Zeitraums zu 
mildern oder zu vermeiden. In der Privatversichrung arbeiten nach dem 
Kapitaldeckungsverfahren in der Hauptsache die Unfall- und Haftpflicht- 
*) Verfasser dieses Artikels ist Herr Geheimer Regierungsrat Ministerialrat vr. Aurin 
der hervorragendste Sachkenner auf diesem Gebiete. 
Schulz, S!DO. 
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