258 Reichsversicherungsordnung.
gewerblichen Berufsgenossenschaften eingeführt. Die Unfallvertrauensmänner sollen
nicht nur auf ihre Mitarbeiter im Interesse des Unfallschutzes erzieherisch einwirken,
sondern auch den Unternehmer, die technischen Aufsichtsbeamten und den Betriebsrat
bei ihren Maßnahmen auf diesem Gebiet unterstützen.
§ 876. Die Genossenschaften können, um die eingereichten Lohnnach
weise zu prüfen, durch Rechnungsbeamte die Geschäftsbücher und Listen ein
sehen, aus denen die Zahl der beschäftigten Arbeiter und Beamten und die
Beträge des verdienten Entgelts hervorgehen.
§ 877. Die Geschäfte des technischen Aussichts- und des Rechnungs-
beamten können mit Genehmigung des Reichsversicherungsamts in einer
Person vereinigt werden.
8 878. Die Unternehmer sind verpflichtet, den technischen Aufsichts
beamten ihrer Genossenschaft den Zutritt zu ihren Betriebsstätten während
der Betriebszeit zu gestatten und den Rechnungsbeamten die Bücher und
Listen (8 876) an Ort und Stelle zur Einsicht vorzulegen.
8 879. Das Versicherungsamt kann die Unternehmer zur Erfüllung
ihrer Pflichten aus § 878 auf Antrag jedes an der Überwachung Beteiligten
durch Geldstrafen von rniudsstsns sinsr und üöelistsns tausend Gold
mark 1 ) anhalten.
Auf Beschwerde entscheidet das Oberversicherungsamt endgültig.
*) Die Strafe ist eine Zwangsstrafe. Die Höchststrafe nach der ursprünglichen
Fassung der RVO. waren ZOO M. Dgl. jetzt Anhang I Ar. öS.
§ 880. Der Unternehmer kann besondere Sachverständige statt des
technischen Aufsichtsbeamten verlangen, wenn er von dessen Besichtigung
die Verletzung eines Betriebsgeheimnisses oder Schaden für feine geschäftliche
Tätigkeit befürchtet.
8 881. In diesem Falle hat der Unternehmer dem Genossenschafts-
vorstande sobald als möglich einige Personen zu bezeichnen, die geeignet
und bereit sind, auf seine Kosten den Betrieb zu besichtigen und die für die
Genossenschaft notwendige Auskunft zu geben.
Einigtman sichnicht, so entscheidet ausAnrusen das Reichsversicherungsamt.
8 882. Die Mitglieder der Genossenschaftsorgane, die technischen Auf-
sichts- und die Rechnungsbeamten sowie die besonderen Sachverständigen 1 )
werden von dem Versicherungsamt ihres Wohnorts eidlich verpflichtet^),
über das, was ihnen durch die Überwachung der Betriebe oder durch die
Prüfung der Bücher und Listen bekannt wird, zu schweigen sowie Geschäfts
und Betriebsgeheimnisse nicht unbefugt zu verwerten.
ü Besondere Sachverständige sind solche, die im Einzelfalle für den ab
gelehnten technischen Aufsichtsbeamten mitwirken, (AN. 1912 S. 1138).
2 ) Über eidliche Verpflichtung vgl. AN. 1912 S. 1133; 1913 S. 4öö.
Über die Beeidigung selbst vgl. Erlaß des preuß. Ministers für Handel und Gewerbe
v. 23. VIII. 12 (AN. 1912 S. 900).
a ) Die Mitteilung des Inhalts von Lohnnachweisen durch die Berufsgenossen
schaften an Dritte, abgesehen von den Finanzbehörden (vgl. § 116 Anm. 2) ist von der
Zustimmung des beteiligten ünternehmers abhängig (RDAE. Bd. 15 S. 255).
8 833. Der Genosseuschaftsvorstand hat Namen und Wohnsitz der
technischen Aufsichts- und der Rechnungsbeamten den beteiligten höheren
Verwaltungsbehörden anzuzeigen.
Er hat über die Tätigkeit der technischen Aufsichtsbeamten dem Neichs-
versicherungsamte zu berichten 1 ) und den staatlichen Aufsichtsbeamten (8 139 b
der Gewerbeordnung) auf Ersuchen Mitteilung zu machen.
*) Über die Berichterstattung vgl. AN. 1912 S. 670; 1914 S. 533.