Sechstes Buch. Verfahren. § 1706a—1715.
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3. Gemeinsame Vorschriften.
§ 1707. Bezieht sich ein im übrigen zulässiges Rechtsmittel einer Partei auch auf
Ansprüche, für die das Rechtsmittel ausgeschlossen ist, so darf über diese nur dann ent
schieden werden, wenn den zulässigen Antrügen ganz oder zum Teil entsprochen wird.
§ 1708. Über das Rechtsmittel entscheidet das Reichsversicherungsamt.
An Stelle des Reichsversicherungsamts entscheidet das Lanbesversicherungsamt,
wenn der Bezirk des beteiligten Dersicherungsträgers sich rkicht über das Gebiet des
Bundesstaats hinaus erstreckt. Soweit jedoch ein Versicherungsträger mitbeteiligt ist,
für den das Reichsversicherungsamt oder ein anderes Landesversicherungsamt zuständig
ist, entscheidet das Reichsversicherungsamt.
Die Entscheidungen werden durch die Spruchsenate getroffen.
8 1700. Das Rechtsmittel ist schriftlich einzulegen, es soll die Gründe für die Ein
legung angeben.
Der Senat kann das angefochtene Urteil auch aus anderen Gründen ändern als
im Rechtsmittel angegeben find.
8 1710. Die Rechtsmittel bewirken außer den Fällen des § 1682 Aufschub, wenn
sie von dem Versicherungsträger eingelegt werden, soweit es sich um Beträge handelt,
die für die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen st.
st 8 1710 gilt nicht für das Berufungsverfahren in Krankenverficherungsfachen (AN. S. 20. 407).
8 1711. Ist das angefochtene Urteil mit Unrecht als endgültig bezeichnet (8 1602),
so ist das Rechtsmittel zulässig; es ist binnen einem Jahre nach der Zustellung einzulegen.
8 1712. Wird ein Mitglied des Spruchsenats aus einem Grunde, der seine Aus
schließung rechtfertigt, oder wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet
über das Ablehnungsgesuch der Spruchsenat. Be! der Entscheidung darf der Abgelehnte
nicht mitwirken. Bei Stimmengleichheit gilt das Gesuch als abgelehnt.
8 1713-). Ist der Vorsitzende des Senats mit dein Berichterstatter darüber einig,
daß das Rechtsmittel unzulässig oder verspätet ocier offenbar ungerechtfertigt'-') ein
gelegt ist, so kann er es ohne inündliche Verhandlung verwerfen st. Ist das Rechts
mittel als verspätet verworfen, so kann der Antragsteller binnen einer Woche nach Zu
stellung der Verfügung die Entscheidung des Spruchsenats anrufen; die Verfügung
muß darauf hinweisen.
Der Vorsitzende kann auch in anderen Fällen anordnen, daß eine Benach
richtigung der Parteien vom Termin unterbleibt. In diesen Fällen wird ohne münd
liche Verhandlung entschieden. Der Senat kann jedoch Vertagung zum Zwecke
mündlicher Verhandlung beschließen 1 ).
’) Abs. 2 ist durch A Art. 6 Nr. 5 230. über Vereinfachung in der Sozialisierung v. 20. X. 22
(Anhang I Nr. 64) eingefügt. Er will in geeigneten einfach liegenden Sachen das mit der Ladung der Be
teiligten verbundene Schreibwerk beseitigen.
st „Oder offenbar ungerechtfertigt" ist durch Art. I Nr. 10 5)0. Anhang V Nr. 12 ein-
gefügt. Die Vorschrift ist abweichend vou der 3)0, bete. Änderung des Ges. über das Verfahren
in Versorgungssachen 12. II 24 (NGBl. I S. 29), als Kannvorfchrift gefalzt, weil anders als im Vec-
sorgungsweseu, wo die erste Instanz gegebenenfalls angewiesen werden kann. einen neuen Bescheid zu
erteilen, der Möglichkeit, ein Fehlurteil durch Erteilrrng eines neuen Bescheides des Versicherungs
trägers wieder au beseitigen, durch die 88 610 lind 1210 91330. enge Grenzen gezogen find.
st Die nach 8 1712 Abs. I Sah 1 ergehenden Entscheidungen sind diejenigen, in denen im Spruch-
verfahren vor dem Reichsversicherungsamt ohne Zuziehung von Beisitzern entschieden werden
kann. Ein noch weitergehender Ausschlutz der Beisitzer in der höchsten Instanz ist nicht als empfehlens
wert angesehen worden.
, 8 1714. Aber die Zulassung zur geschäftsmäßigen Rechtsvertretung vor den
Senaten (8 1663 Abs. 3) entscheidet das Reichsversicherungsamt (Landesversicherungs-
amt). § 1663 Abs. 4 gilt entsprechend.
§ 1715. Wird das angefochtene ürteil aufgehoben, so kann der Senat entweder
selbst in der Sache entscheiden oder sie an eine der Vorinstanzen oder den Versicherungs-
träger zurückverweisen. Dabei kann er die Gewährung einer vorläufigen Leistung
anordnen.
Die Stelle, an welche die Sache überwiesen wird, ist an die rechtliche Beurteilung
gebunden, die der Aufhebung des angefochtenen Urteils zugrunde liegt.