Full text: Die Reichsversicherungsordnung in ihrer jetzigen Fassung und die zu ihrer Änderung und Ausführung ergangenen Vorschriften

40 Reichsverstcherungsordnung. 
umgekehrt wird ein Angestellter oft Arbeiter und damit angestelltenversichert. 
Bis zum 3t. XII. 22 kannten beide Versicherungen keine grund 
sätzliche Regelung ihres gegenseitigen Verhältnisses. Zur Er 
haltung der Anwartschaft und zur Erfüllung der Wartezeit mußten in beiden 
Versicherungen die erforderlichen Beiträge entrichtet werden. Die Leistungen 
beider Versicherungen wurden, wenn in beiden die Wartezeit erfüllt und die 
Anwartschaft aufrechterhalten war, in jedem Versicherungszweige selbständig 
festgesetzt, gewährt und entzogen. 
Mit dem 1. I. 23 ist durch das Ges. v. 10. XI. 22 (Anhang IV Nr. 42) 
Wandel geschaffen worden. Das Ges. hat für Personen, die Beiträge zur AV. 
und zur IV. entrichtet haben, den Begriff der „Wanderversicherten" 
geschaffen (8 1254a). Den Wanderversicherten und ihren Hinterbliebenen 
wird ein einheitlicher Versicherungsschutz gewährt. Diese Neuregelung 
wurde nur durch Beseitigung der früheren Verschiedenartigkeit im Aufbau 
der AV. und IV. möglich; insbesondere mußten die Grundlagen der Ruhe 
gehalts- und Hinterbliebenenrentenberechnung der AV. an die Berechnungs 
art für die Renten der IV. angepaßt und die besondere Altersrente der IV. 
beseitigt werden. 
Die Wanderversicherung wird von folgenden Grund 
sätzen beherrscht: 
A. Der Versicherungsschutz für die Fälle der Berufs 
unfähigkeit, der Invalidität, des Alters und des Todes wird 
nur von einem Versicherungsträger, der Neichsversicherungs- 
anstalt oder der zuständigen Landesversicherungsanstalt, ge 
währt. Die Reichsversicherungsanstalt hat lediglich nach Maßgabe oes 
AVG., die zuständige Landesversicherungsanstalt lediglich nach den Vor 
schriften der IV. einzutreten. 
1. Ist die Wartezeit sowohl für das Ruhegeld der AV. als 
auch für die Invalidenrente der IV. erfüllt und die Anwartschaft 
aus beiden Versicherungen nicht erloschen, so stehen dem Versicherten und 
seinen Hinterbliebenen im Versichcrungsfalle nurst die Leistungen der AV. 
als der günstigeren Versicherung zu. Bei Berechnung dieser Leistungen 
wird der Steigerungsbetrag aus den Beiträgen zur IV. mitberücksichtigt 
(8 1254a RVO.; vgl. auch die dort in Anm. 7 abgedruckten Übergangsvor 
schriften; vgl. auch Anm. 3 zu 8 1318). 
2. Verrichtet ein noch nicht invalider Ruhegeldbezieher Arbeiten, welche 
an sich der Invalidenversichcrungspflicht unterworfen sind, und hat er sich 
nicht nach 8 1237 Abs. 2 RVO. von der Invalidenversicherungspflicht be 
freien lassen, so wird beim Eintritt der Invalidität der Ruhegeldbescheid 
von der Reichsversicherungsanstalt hinsichtlich der nach dem 
Ruhegeldbescheid entrichteten Beiträge zur IV. ergänzt (8 55a 
Abs. 2 AVG.). Der Ruhegeldbezieher kann also wegen dieser Beiträge nicht 
etwa einen Bescheid der Landesversicherungsanstalt erwirken. 
B. Ist die Wartezeit in der AV. nicht erfüllt, so werden dem 
Wanderversicherten die zur AV. entrichteten Beiträge (also nicht Ersatz 
zeiten dieser Versicherung) auf die Wartezeit der IV. wie freiwillige Bei 
träge zur IV. angerechnet. Der Wanderversicherte, der 100 Pflichtbeiträge 
zur IV. entrichtet hat, kann also mit Beitragsmonatcn. zur AV., die volle 100 
Kalenderwochen umfassen, die Wartezeit für die IV. erfüllen (88 1278, 
st Das früher in solchen Fällen dem invaliden (und damit stets auch berufs 
unfähigen) Versicherten bzw. seinen Hinterbliebenen zustehende Wahlrecht zwischen 
den Leistungen der AD. und IV. ist beseitigt.
	        
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