Full text: Die Reichsversicherungsordnung in ihrer jetzigen Fassung und die zu ihrer Änderung und Ausführung ergangenen Vorschriften

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Erstes Buch. Gemeinsame Vorschriften. § 136—140. 
148 91930.). Dagegen gilt für die Ordnungsstrafen, wie für die Kriminalstrafen, daß 
eine ausdehnende Auslegung von Ordnungsstrafvorschriften im Wege der Analogie 
unstatthaft ist (vgl. AN. 1914 S. 382 Nr. 1810; 1915 S. 595 Nr. 2057), daß regelmäßig 
ein Verschulden des Täters vorausgesetzt wird (vgl. AN. 1914 S. 545 Nr. 2715, S. 738 
Nr. 1913; 1913 S. 352 Nr. 2400) — nicht aber eine vorherige Erinnerung des Säumigen 
(AN. 1916 S. 407 Nr. 2861) —, daß die Strafe wegen derselben Zuwiderhandlung 
nur einmal festgesetzt werden kann. Nicht aber schließt die Verhängung einer Ordnungs 
strafe spätere kriminelle Bestrafung wegen derselben Tat aus, und ebenso kann nach 
krimineller Bestrafung noch eine Ordnungsstrafe verfügt werden (vgl. die in AN. 1913 
S. 525 abgedruckte Reichsgerichtsentscheidung). Ordnungsstrafen werden wie Ge 
meindeabgaben beigetrieben und fließen regelmäßig in die Kasse des Versicherungs 
trägers (8 146 mit 8 28, § 837 Abs. 2 RVO., vgl. jedoch 8 59 Abs. 3, 8 80 Abs. 4, § 104 
Abs. 2, 8 103 Abs. 2 RVO.). Eine Sonderregelung greift im Bereiche der 11V. Platz, 
als Strafgelder der Versicherten wegen Übertretung von llnfallverhütungsvorschriften 
den Krankenkassen zufließen (88 914, 1045, 1224). 
3. Nebenstrafen sind die neben den eigentlichen Geldstrafen auferlegten 
Zahlungen des Ein- oder Mehrfachen rückständiger Beiträge (AN. 1912 S. 873 
Nr. 1618; 1914 S. 383 Nr. 1811; 1915 S. 597 Nr. 2058). Diese Nebenstrafen 
(88 531, 534 Abs. 3, 88 1488, 1494 Abs. 3 RVO.) werden wie die Ordnungs 
strafen von den Versicherungsträgern nach pflichtmäßigem Ermessen verhängt 
(AN. 1915 S. 737 Nr. 2106; 1907 S. 448 Nr. 2339). Die Strafverfolgung 
der Nebenstrafe verjährt innerhalb der für die Hauptstrase vorgesehenen Ver 
jährungsfrist (AN. 1918 S. 354 Nr. 2462). 
4. Zwangsstrasen. Sie sollen die Vornahme oder Unterlassung einer be 
stimmten Handlung erzwingen. Sie müssen vor der Verhängung angedroht 
werden. Androhung und Verhängung können zur Erreichung desselben Zwecks 
mehrfach erfolgen; sie sind nicht mehr zulässig, wenn der Zweck erreicht ist. 
Gegen die Strafandrohung ist keine besondere Rechtsbcschwerde gegeben; 
doch ist die allgemeine Aufsichtsbeschwerde zulässig (AN. 1914 S. 449 
Nr. 1325). Für das Beschwerdeverfahren gelten die allgemeinen für Ordnungs 
strafen gegebenen Vorschriften (AN. 1914 S. 446 Nr. 1825). Die Zwangs 
strafen werden wie Gemeindeabgaben beigetrieben und fließen in die Kasse 
des Versicherungsträgers (8 146 Abs. 1 RVO.). Zwangsstrafen enthalten 
die §8 445, 581 Abs. 2, 656 Abs. 1, 800 Abs. 2, 839 Abs. 3, 842 Slbs. 2, 879, 
891, 1030, 1032, 1215, 839 Satz 2, 891, 1030, 1217, 996, 1414, 1457 
Abs. 2 RVO. 
Im übrigen vgl. VO. über Vermögensstrafen und Bußen, v. 6. 11.24 
(Anhang I Nr. 65). 
§ 139. Den Arbeitgebern und ihren Angestellten sowie den Versicherungs 
trägern ist untersagt, die Versicherten in der Übernahme oder Ausübung 
eines Ehrenamts der Reichsversicherung zu beschränken oder sie wegen 
der Übernahme oder der Art der Ausübung eines solchen Ehrenamts zu be 
nachteiligen. Den Arbeitgebern und ihren Angestellten ist ferner untersagt, 
durch Übereinkunft oder Arbeitsordnung zum Nachteil der Versicherten die 
Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes ganz oder teilweise auszu 
schließen^). 
Vertragsbestimmungen, die dem zuwiderlaufen, sind nichtig. 
x ) Die Auszahlung der Nnfallrente durch den Arbeitgeber, der zugleich 
Ausführungsbehörde ist, in der Art, daß entsprechend der Lohnordnung ein dem Voll 
lohn eines entsprechenden unverletzten Arbeiters gleichkommender Betrag als Rente 
und Lohn gezahlt wird, ist nicht zu beanstanden (RVAE. Bd. 15 S. 17). 
§ 140. Arbeitgeber oder ihre Angestellten, die gegen § 139 Abs. 1 ver 
stoßen, werden mit Geldstrafe von mindestens drei und höchstens zehn 
tausend Goldmark 1 ) oder mit Hast bestraft, sofern nicht nach anderen gesetz 
lichen Vorschriften härtere Strafe eintritt. 
*) In der ursprünglichen Fassung der RVO. waren 300 M. angedroht. 
Vgl. jetzt Anhang 1 Nr. 65.
	        
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