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bildeten Schichten sich mit solchen Taten vor dein eigenen
Gewissen gleichsam freikaufen wollen. So leicht und be
quem ist die Erfüllung unserer Pflicht auf diesem wich
tigsten Gebiete unserer Zeit aber nicht, Hier handelt es sich
um größeres.
Es gilt, eine grundsätzliche Stellungnahme zu treffen.
Sie allein bewahrt vor jener jämmerlichen Haltlosigkeit,
die so viele den Schlagworten des Marktes kritiklos folgen
läßt und auch guten willen in unfruchtbarem Behandeln
bloßer Symptome ausgibt, um stets mit Enttäuschung enden
zu müssen. Zn Zeiten des Überganges bilden diese — ach
leider gerade in den Bildungsschichten noch zu zahlreichen —
Kreise die größte Gefahr.
Auch heute gilt das schneidende Wort, das Goethe aus
der reichen Erfahrung seiner Jahrhundertwende gewann:
„DerlNensch, der zur schwankenden Zeit auch schwankend gesinntist,
Der vermehret das Übel und breitet es weiter und weiter!
Aber wer fest auf dem Sinne beharrt, der bildet die Welt sich!"
Der feste Blick auf das klar erkannte Ziel zeigt die
Richtung. Er stärkt; er ermutigt; er begeistert. Aber nur
Träumer und Phantasten werden sich damit begnügen, stets
nur das letzte Ziel zu betrachten und dabei das ruhige, schritt
weise weitergehen zu vergessen! Ebenso wichtig wie die
klare Erkenntnis des letzten Zieles ist es, gangbare Wege
nach diesem Ziele zu suchen, Lücken auszufüllen, Hindernisse
zu beseitigen, vor Irrwegen zu warnen, Helfer an dem
Wegebau zu sammeln, auch den kleinsten Schritt vorwärts
als einen Gewinn zu betrachten, ja selbst hie und da einen
Umweg nicht zu scheuen, wenn dadurch das Ziel für viele
deutlicher erkennbar wird.