Erstes Buch. Gemeinsame -Vorschriften. § 158—160.
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§ 158. Der Reichskanzler kann mit Zustimmung des Bundesrats an
ordnen, datz gegen Angehörige eines ausländischen Staates und ihre Rechts
nachfolger ein Vergeltungsrecht angewendet wird.
XU. Gemeinsame Begriffsbestimmungen.
1. Versicherungspslichtige Beschäftigung.
8 159. Die Beschäftigung eines Ehegatten *) durch den anderen be
gründet, vorbehaltlich der Vorschriften der §§ 551, 928, 1062, keine Ver
sicherungspflicht.
st Ehegatten können als Mitunternehmer versichert sein.
Die Ehefrau kann in einem mittelbaren Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber
des Ehemanns stehen, wenn der Erfolg ihrer Tätigkeit dem Arbeitgeber zugute kommt
und das Entgelt für ihre Tätigkeit in der dem Ehemann gewährten Vergütung ent
halten ist.
Mit der Wirtschaftsführung betraute weibliche Personen, die mit den, Wohnungs
inhaber in außerehelicher Gemeinschaft leben (Konkubinen), unterliegen grundsätzlich
der Kranken- und Invalidenversicherungspflicht. § 159 ist auf sie nicht anwendbar.
2. Entgelt.
§ 160st. Zum Entgelts im Sinne dieses Gesetzes gehören neben Ge
halt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- uitd andere Bezüge, die der Ver
sicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes
oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einein Dritten erhält.
von Wert der Sachbezüge stellt das Versicherungsamt nach Orts
preisen fest 3 ); vorher hat es den beteiligten Krankenkassen Gelegenheit
zur Äußerung zu geben. Die oberste Verwaltungsbehörde kann Näheres
bestimmen 4 ), insbesondere vorschreiben, daß die Festsetzung des Ver
sicherungsamts der Zustimmung des Oberversicherungsamts bedarf, und
daß das Oberversicherungsamt die Festsetzung vorzunehmen hat, wenn
es die Genehmigung versagt.
st Abs. 2 hat seine Fassung durch 8 5 Gcs. zur Erhaltung leistungsfähiger Kranken
kassen v. 27. III. 23 (Anhang II Nr. 82) erhalten.
Bei der ungeheuren Steigerung aller Preise der Nachkriegszeit hatte der Wert
der Sachbezüge eine weit höhere Bedeutung als zur Zeit des Erlasses der RVO.
Es waren zahlreiche Klagen darüber laut geworden, daß die Festsetzungen der damit
früher ausschließlich betrauten Versicherungsämter mit den tatsächlichen Preisverhält-
niffen unvereinbar waren. Auch dis Erfolge der im Verwaltungswege getroffenen
Anordnung, daß die Dersicherungsämter sich bei ihren Festsetzungen mit den Finanz
ämtern ins Benehmen setzen sollten, die für ihren eigenen Geschäftsbereich gleichfalls
den Wert der Sachbezüge festzusetzen haben, hatten nicht durchweg befriedigt. Die
allgemeine Übertragung der Festsetzung auf die Oberversicherungsämter empfahl sich
nicht, weil die Feststellung oft nicht einheitlich für den ganzen Bezirk desObervcrsicherungs-
amts geschehen kann. Müßten dann die erforderlichen Berichte aus allen Teilen des
Bezirks abgewartet werden, so würde sich die Festsetzung begreiflicherweise verzögern,
während nach Lage der Verhältnisse jetzt Eile oft dringend nottut. Es ist daher der im
ß 160 Abs. 2 eingeschlagene Weg vorgezogen worden (Begründung S. 6).
st Zum Entgelt gehört jede Leistung, die Vermögenswert hat, im übrigen
kommt es auf ihren Gegenstand nicht an. Auch Reisespesen und Reisekosten gehören
zum Entgelt, soweit sie für den Versicherten einen wirtschaftlichen Vorteil bedeuten.
Geringfügige Barb^träge, die (z. B. jugendlichen Personen) zur Anspornung bei der
Arbeit, nicht aber zu deren Abgeltung gewährt werden (sog. Taschengeld), sind nicht
als Entgelt anzusehen (die AV. 1920 S. 59 Nr. 391). Unterstützungen, die ein Unter
nehmer den Arbeitern für einen längeren Zeitraum der Arbeitslosigkeit gewährt,
sind nicht Entgelt i. S. des 8 160. Es handelt sich um Geschenke aus allgemeinen sozialen
Erwägungen (AN. 1918 S. 336).